Geschichte der Dommusik St. Pölten
Aus der Festschrift zur Weihe der St. Pöltner Domorgel am 10. November 1973, Dr. Walter Graf
Stiftsmusik im Mittelalter
1. Vorbemerkungen - Das Augustiner-Chorherrnstift
Die Weihe der neuen Domorgel zu St. Pölten am 10. November 1973 soll auch Anlass zu einem Rückblick in die so ereignisreiche Geschichte der Kirchenmusik dieses altehrwürdigen Gotteshauses sein (1). Ist die relativ kurze Zeitspanne der seit der Diözesangründung 1784/85 bestehenden Dommusik gut zu übersehen, so verbirgt nur allzu oft undurchdringliches Dunkel dem Betrachter die noch viel interessantere Kirchenmusikpflege des "Uralt fürstlichen Stift Canonicorum Regularium Sti Augustini zu St. Pölten"(2). Die gewaltsamen Ereignisse der Jahre 1784/85, Unglücksfälle und Verständnislosigkeit gegenüber dem kostbaren Erbe liefern wertvolles Quellenmaterial in Verlust geraten und sind Hauptursache einer unvollständig-lückenhaften Darstellung.
Die Lebensgeschichte des hl. Florian, der im Jahre 304 von seinem Wohnsitz Aelium Cetium, dem St. Pölten der Römerzeit, nach Laureacum (Lorch) geeilt war, um seinen bedrängten Glaubensbrüdern beizustehen, bietet erste Hinweise auf christliches Leben in St. Polten. Ihm bereiteten die Wirren der Völkerwanderung ein jähes Ende, und erst im 8. Jahrhundert tritt St. Polten wieder in das Blickfeld der Geschichte: Das um 760 vom bayrischen Tegernsee aus gegründete Kloster, das älteste Niederösterreichs, birgt Reliquien des römischen Martyrerpapstes Hippolyt, der als Schutzheiliger Stadt und Stift den Namen gibt. Das ehemals benediktinische Kloster wird in der Folge der nach dem erfolgreichen Sieg über die Magyaren, 955, begonnenen Neumissionierung des Gebietes in ein Chorherrnstift umgewandelt, in das schließlich der große Reformbischof Altmann von Passau (1065-1091) Augustiner-Chorherrn beruft.
Die geschichtliche Bedeutung des St. Pöltner Chorherrnstiftes lag vor allem in der seelsorglichen Wirksamkeit seiner Mitglieder, die neben der Mutterpfarre St. Pölten eine größere Zahl von Pfarren in näherer und weiterer Umgebung betreuten. Hand in Hand mit der Seelsorge als Dienst am ganzen Menschen ging eine Vermittlung geistig-kultureller Werte. Auch hierin sind die Verdienste der St. Pöltner Chorherrn für das Traisen- und Pielachtal sowie für das Gebiet am Nordwestrand des Wienerwaldes als hoch anzusetzen. Ausgangspunkt und Ziel all dieses Wirkens ist das "Lob des Herrn", das in der feierlichen Liturgie der Chorherrn, vor allem im Messopfer und Stundengebet, seinen höchsten Ausdruck gefunden hatte. Dem entsprechend stand der gregorianische Choral als der feierliche Gesang der Kirche bei den Augustinern hoch im Ansehen, wie die verschiedenen Generalkapitel des Ordens und die geschichtlichen Verdienste seiner Mitglieder um die Wahrung römisch-benediktinischer Choraltradition hinlänglich beweisen. Dies gilt auch, wie später noch ausführlicher dargelegt wird, für das Stift St. Pölten, das hiemit seinen Beitrag zum hohen Stand mittelalterlicher österreichischer Choralpflege leistet.
2. Die Stiftsschule
Das Herzstück eines jeden Klosters ist seine Bildungsstätte, die Klosterschule. Sie zeichnet als "innere Schule" für die Heranbildung des geistig hochqualifizierten Ordensnachwuchses verantwortlich, betreut darüber hinaus als "äußere Schule" alle Bildungswilligen und -fähigen der Umgebung und wird so zum "Zentrum einer im römisch-christlichen Mutterboden wurzelnden Bildung“. (5)
Erster Gewährsmann für die Bedeutung der St. Pöltner Stiftsschule ist der Göttweiger Abt Rupert (1137-1199), der das Kloster St. Polten als "bis zum heutigen Tage durch seine Schule bedeutend" rühmt: "scholarum studiis umsque hunc insigne"6; erstbekannter prominenter Schüler der "hiesigen, weltbekannten Klosterschule" der Passauer Bischof Reginbert (1138-1147/58), ehemals Propst von St. Pölten7. Von den an der Spitze des Institutes stehenden "Scholastici" kennen wir einen Otto " scholasticus" (1204), "Pilgrimus scholasticus et diaconus" (1260), "Ortulfus scholasticus (1273) und einen "Otto scholasticus ypolitensis" (zwischen 1300 und 1350).
Dem Scholasticus des Hochmittelalters folgte der Magister, der seinen Titel an einer, vermutlich französischen, Universität erworben hatte und nunmehr für den nachhaltigen Einfluss der Universitäten auf das wissenschaftliche Leben des Klosters verantwortlich zeigte. Einem erstmals 1273 erwähnten " magister Fridericus" folgte 1388 ein "magister Johannes, plebanus (Pfarrer) in S. Yppolito".1380 stiftet ein Magister Albrecht, Pfarrer in Gars, in Wien ein Studienhaus für drei als Sublektoren an der Universität wirkende St. Pöltner Chorherrn. Sie erhielten ihre Grundschulung ebenso an der St. Pöltner Klosterschule wie eine bedeutende Zahl von im Wiener Universitätsmatrikel aufscheinenden St. Pöltner „Biargerssohnen“. Sie alle bezeugen die Bedeutung dieser mittelalterlichen Bildungsstatte, aus der später die humanistische Lateinschule mit ihren Schulmeistern und Gehilfen hervorgehen sollte.
Im Lehrplan der mittelalterlichen Stiftsschule nahm die Musik, die im Verein mit Arithmetik, Geometrie und Astronomie das Quadrivium bildete, eine bedeutsame Stellung ein; somit auch der Singmeister, in liturgischen Dokumenten als "Cantor" und "Rector" bezeugt. Die Knaben der Schule, die "pueri", waren gleichfalls von der klösterlichen Liturgie nicht wegzudenken, wie ein Rituale aus dem Jahre 1367 bezeugt. Sie übernahmen am Palmsonntag die Rolle der "pueri Hebraeorum", vertraten am Gründonnerstag die Stelle der Apostel, denen der Herr, in unserem Falle der Dekan, dienend die Füße wusch.
Bei der noch naher zu behandelnden Veneratio und Depositio crucis ließen die Singknaben ihre helle Stimme ebenso erklingen wie bei anderen Gelegenheiten, etwa Prozessionen, Versehgänge und Bischofsempfänge: "pueri cantantes neuma". (9)
So erfüllte die Stiftsschule, sieht man von den kritischen Reformationsjahren ab, in der Befolgung ihres Bildungsauftrages bis zu ihrer durch Propst Fünfleuthner 1644 erfolgten Auflösung eine bedeutsame Aufgabe; ebenso ihre Singschule, die, wenn auch in stark reduzierter Form, als Sängerknabeninstitut bis zur Aufhebung der St. Pöltner Kanonie weiterbestand.
3. Handschriften - liturgische Feiern
Einige wenige verbliebene Handschriften, ein Missale aus dem 13. Jahrhundert, ein Rituale aus dem 14. Jahrhundert, ein Antiphonar aus dem 15. Jahrhundert sowie das prächtig gestaltete spätgotische Antiphonar (1486-88) bezeugen nebst einer eifrigen Choralpflege der Chorherrn ein erstes Mühen um die aktive liturgische Beteiligung des gläubigen Volkes, ein Vorhaben, das besonders an den Festtagen zur Bildung hochdramatischer, für die weitere Musikentwicklung bedeutsamer Liturgievarianten führte (10). Die Karwoche, Gedächtniswoche des bitteren Leidens und der glorreichen Auferstehung unseres Herrn Jesu Christi, bietet hiezu die größten Möglichkeiten. Schon in der Palmsonntagsliturgie lassen sich Ansätze solch bewusst dramatischen Gestaltens feststellen, besonders in der mit einer Kreuzesverehrung verbundenen Palmprozession: Die Sängerknaben streuen als pueri Hebraeorum unter Hosannarufen Palmen vor das Kreuz, die Mitglieder der Choralschola singen mit gebeugten Knien bei der anschließenden Kreuzesverehrung, "prostratio crucis", den Hymnus "O crux, ave, spes unica".
Ihren Höhepunkt erreicht jedoch die Kreuzesverehrung, als "veneratio" und "elevatio crucis" besonders gestaltet, im zweiten Teil der Karfreitagsliturgie. Nach der Elevatio crucis singen zwei Priester (popule meus), zwei Knaben (hagios ho theos) und der Chor (sanctus deus) mit verteilten, in den Klammern angedeuteten Rollen die Improperien. Anschließend stimmen die Knaben "dulce", mit süßer Stimme, den Kreuzeshymnus "pange lingua" an. Nach jeder Strophe dieses Preisgesanges wiederholt der Chor den Kehrvers "crux fidelis . . ."
Im Anschluss an die Kommunionfeier beginnt die von der römischen Ordnung abweichende Grablegung des Herrn in der Form der "Bestattung des Kreuzes", der "depositio crucis". Zu der sich außerhalb der Kirche befindlichen Grabesstätte begeben sich nur die Kleriker, Laien (laicis exclusis) ist der Zutritt ausdrücklich verboten. Die für die Prozession und der ihr nachfolgenden Grablegung des mit einem Schweißtuch bedeckten Kreuzes verwendeten Gesänge sind mit besonderen Vortragszeichen versehen, wie "lugubri voce", mit trauernder Stimme, und "remisse", zurückhaltend, gedämpft. (11)
Zur aktivsten Beteiligung sollte das nach der Ostermatutin stattfindende Osterspiel, die Visitatio sepulchri, führen. Die biblische Zwiesprache zwischen den drei Frauen und dem Engel, durch die ebenfalls dialogisierenden Verse der Ostersequenz "dic nobis Maria . . . " und dem sinnvoll angefügten Apostellauf (Apostelspiel) "currebant duo . . . " erweitert, bot Gelegenheit zu einem Spiel mit verteilten Rollen und vielen Beteiligten.
Diese vermutlich nach einem französischen Vorbild entstandene Visitatio kam über das Passauer Chorherrnstift St. Nikola zu den österreichischen Augustinern und ist bei ihnen in leicht voneinander abweichenden Varianten überliefert. Im Nachfolgenden soll die St. Pöltner Fassung, im Antiphonarium des 15. Jahrhunderts dem Texte nach überliefert, vollinhaltlich wiedergegeben werden. Die Einklammerungen betreffen nachträgliche Ergänzungen, nahere Umschreibungen der handelnden Personen sowie die hochbedeutsame Einschaltung des volkssprachigen "Christ ist erstanden". (12)
In resurrectionem post matutinam. In exitu ad sepulcrum domini:
R: Dum transisset sabbatum Maria Magdalena et Maria Jacobi et Salome et emerunt aromata ut venientes ungerent Jesum, alleluja, alleluja.
(Mulieres) Postea imponunt Rectores antiphonam: "Quis revolvet nobis ab hostio lapidem, que,m tegere sanctum cernimus sepulcrum?"
(Angelus) Diaconus respondeat humili voce sic: "Quem quaeritis, o tremulae mulieres i`n hoc tumulo gementes?"
(Mulieres) Item presbyteri respondentes: " Jesum Nazarenum crucifixum quaerimus."
(Angelus) Iterum diaconus: "Non est hic, quem quaeritis, sed cito euntes et nuntiate discipulis eius et Petro, quia surrexit Jesus."
(Mulieres ad populum) Iterum presbyteri ad populum se convertentes cantant antiphona: "Ad monumentum venimus gementes, angelus domini sedentem vidimus et dicentem: quia surrexit Jesus."
(Chor) Illis abeuntibus imponitur antiphonam: "Currebant duo simul et ille alius discipulus praecucurrit citius Petro et venit prior ad monumentum, alleluia."
(Apostoli) Tunc duo scolares, qui sunt ad hoc ordinati, cantant: "Dic nobis Maria, quid vidisti in via?"
(Mulieres) Presbyteri: "Sepulcrum Christi viventis et gloriam vidi resurgentis."
(Apostoli) Iterum scholares: "Dic nobis."
(Mulieres) Presbyteri: "Angelicos testes, sudarium et vestes."
(Apostoli) Iterum scholares: "Dic nobis."
(Mulieres) Presbyteri: "Surrexit Christus spes mea, precedet suos in galylea."
(Apostoli) Iterum scholares: "Scimus Christum surrexisse a mortuis vere; tu nobis victor rex miserere."
(Apostoli) Iterum scholares tollunt sudarium cantando: "Cernitis o socii, ecce lintheamina et sudarium et corpus non est in sepulcro inventum."
(Christ ist erstanden.)
In reditu ad chorum incipitur versus: "Surrexit Christus et illuxit populo suo quem redemit sanguine suo."
Postea: Te Deum. (13)
Wie der Vergleich mit anderen Überlieferungen zeigt, ist in der St. Pöltner Fassung der Einschub der Ostersequenz an anderer Stelle, nämlich vor dem Apostellauf, während die Schweißtuchszene "Cernitis . . ." dem frohlockenden Sequenzenschluss angefügt ist.
Der altehrwürdige Osterleis "Christ ist erstanden" , als jubelnde Antwort der Gemeinde zum Tedeum überleitend, gilt als das älteste in der Stiftskirche bezeugte Kirchenlied und bekräftigt die Bedeutung der Augustiner-Chorherren für die Pflege des deutschsprachigen Kirchengesanges (14), der sich zweifellos auch in St. Pölten großer Beliebtheit erfreut hat. Dies gilt besonders für die "uralten Rufe", bedeutende Keimzellen des vorreformatorischen Kirchengesanges, die der Göttweiger Abt David Gregor Corner (1585-1684) gesammelt und im 1625 erschienenen "Groß catholischen Gesangsbuch" herausgegeben hatte. (15)
Für das deutsche Kirchenlied gleicherweise bedeutend wie für die Vermittlung musikalischer Neuerungen auf dem Gebiete der Mehrstimmigkeit und der Instrumentalmusik waren die ansonsten nicht immer gerne gesehenen "fahrenden Sänger", die auch häufig an die St. Pöltner Stiftspforte pochten. Als sich die Vaganten zu einer immer größer werdenden Landplage entwickelten, mussten die kirchlichen Behörden energisch gegen sie einschreiten, wie Konzile und Synoden, von denen zwei in den Jahren 1284 und 1294 zu St. Pölten abgehalten wurden, bestätigen (7).
Stiftsmusik im Zeitalter der Renaissance
1. Vokales und instrumentales Musizieren, Turnermeister und Stiftskantorei
Über den Beginn der Mehrstimmigkeit, die Musik der Gotik und der angehenden Renaissance herrscht Dunkelheit, wir können aber in Analogie zur Kirchenmusikpflege anderer Stifte annehmen, dass der vom neuen Musikempfinden veränderte Choral. allmählich seine Vormachtstellung an die mehrstimmige Musik, die Figuralmusik, abgeben muss. Die Stiftskantorei orientiert sich an der Musikpflege höfischer Kreise und unterliegt auch dem Einfluss der neugegründeten Universitäten. Mit dem Aufkommen eines Musikerstandes wächst auch die Bedeutung des weltlichen Personales für die Kirchenmusik, in die das Instrumentarium immer stärker eindringt. Vorerst noch subsidiär wirkend, vereinen sich später die Instrumentalisten zu selbständigen Klanggruppen, die den Vokalisten in edlem musikalischem Wettstreit gegenüberstehen und als "Singer und Drummeter" im wahrsten Sinne des Wortes konzertieren (18).
Der 19. August und der 4. Dezember 1560 sind ein für die St. Pöltner Instrumentalmusik bedeutsamer Termin. An diesen Tagen wird "zum Frommen des Stiftes und der Stadt St. Pölten" vom Propst Leopold Hagn (1539-1563) und dem Rat der Stadt das Amt des Turnermeisters (Thurner-Turmmeister) errichtet und Gallus Leitner damit betraut. Zu den Obliegenheiten dieses Amtes zählten laut Ratsprotokoll vom 12. Februar 1561 die Feuerwache und das Blasen von der Warte des Klosterkirchturms, "Tag und Nacht wacht, auch des Plassens auf dem Thurm". Zum Zeichen der Wachsamkeit musste eine weiße Fahne beziehungsweise eine Laterne geschwungen werden. Das Läuten im Ernst- und im Normalfall zählte zu den weiteren Verpflichtungen. Von nun an bekamen die St. Pöltner Bürger und die Insassen des Stiftes dreimal am Tage die Trompetensignale des Meisters und seiner Gesellen, insgesamt "sechs Personen mit Besoldung, Speiß, Kleidung und anderer Nothdurft zu erhalten", in Richtung auf den Breiten Markt (Rathausplatz) das Ledererviertel und das Kloster hin zu hören. War der Turnermeister als Stadtwächter Gemeindeangestellter, so stand er als Kirchenmusiker in stiftlichen Diensten, wo die Besorgung einer feierlichen Turmmusik sowie die Verantwortlichkeit um einen gediegenen Instrumentalpart bei der "Stifts-Cantorey" den Meister und seine Gesellen stark in Anspruch nahmen. Dass der Turner mit seinen Leuten inner- und außerhalb der Stadt bei den verschiedensten Anlassen, wie Begräbnissen, Hochzeiten, Ratswahlmahlzeiten, Neujahrsblasen und Aushilfen an Stiftschoren gerngesehene Gäste waren, sei ebenso am Rande vermerkt wie die Tatsache, dass der Meister sein Einkommen durch außermusikalische Betätigungen, wie beispielsweise Weinausschenken, zu erhöhen trachtete. Die bisweilen sehr lukrativen Nebeneinkommen führten gelegentlich zu einer Vernachlässigung der Hauptbeschäftigung, ebenso ein Gegenstand von Schwierigkeiten wie die Uneinigkeit beider Dienstgeber hinsichtlich einer zufriedenstellenden Trennung der Kompetenzen. (18)
Turnermeister Gallus Leitner hatte gemäß dem Vertrag mit den Stiftspropsten Georg Hueber (1569 bis 1575) und Melchior Schad (1576-1598) an Sonn- und Feiertagen "zu der Cantorey . . . zween Pusaunen und ain Zinkhen plassen". Über welch beachtliche Bläsergruppe die stiftliche Renaissancemusik tatsächlich verfügte, zeigt das nach dem Tode Propst Melchior Schads aufgenommene Inventar: "Item in einen hohen Kasten 5 Trompeten, 7 Krumphorner, 4 Pusaunen, 10 Schallmeyen, drey Zinken, und ein haufen gemeinen Pfeifen, Item ein Celaton, ein Tenor dulcian." (19)
Auf Gallus Leitner folgte 1542 der Freistadter Simon Gebhart, der seine Stellung jedoch wegen übermächtiger Konkurrenz des bürgerlichen Geigers Blasius Radl vorübergehend niederlegte und 1597 wegen Gotteslästerung endgültig entlassen wurde. (20)
2. Stiftsorgeln, Organisten und Orgelbauer
Über den Bau der ersten Stiftsorgel gibt es keine Hinweise. Im Jahre 1426 zahlt, wie dem Stiftsurbar zu entnehmen ist, ein "Ulreich, organista de domo" für sein Haus in der "Strata claustri", der Klostergasse, der Stiftsherrschaft 10 Pfennig, während er für seinen Acker, "de agro pey dem Nadelpach“, nunmehr als "Orgelmayster" tituliert, 4 Pfennig zu entrichten hatte. Musste die Hauswirtschaft das karge Einkommen des Stiftsorganisten verbessern. (21)
Für das Bestehen einer gutentwickelten Orgelbaukunst in den österreichischen Erblanden zeugt der aus St. Pölten gebürtige Peter Gareis (Gereis, Generis), der 1433-34 am Neubau der Münsterorgel zu Straßburg beteiligt ist. Gareis eröffnet die Reihe der in St. Pölten ansässigen oder aus St. Pölten stammenden Orgelbauer und übt die für die Frühzeit des Orgelbaues so typische Doppelfunktion von Orgelbauer und Organist aus. Nach Vollendung des Werkes blieb Gareis in Straßburg als Münsterorganist, wo er am Rosenmontag, 20. Februar 1480, während des Spieles des "Salve regina" an seiner Orgel starb (22). Dass man mit der kleinen, zumindest seit der Zeit des Meisters Ulreich bestehenden Stiftsorgel, die bei der festlichen Liturgie mit dem Sängerchor zu alternieren pflegte und dem Organisten sicher nur in beschränktem Maße die Kunst des Kolorierens ermöglichte, nicht mehr das Auslangen fand, geht aus dem in der Regierungszeit des Propstes Johannes Marquard (1515-1530) stattfindenden Orgelneubau hervor. "Nova organa pro Ecclesia nostra Collegiata comparavit", berichtete der Chronist (23). Propst Marquard zeichnete für die zweite, nach dem Brande von 1512 erfolgte spätgotische Restaurierung der Stiftskirche verantwortlich. Im Wetterleuchten der Reformation baute er den Nordturm in seiner heutigen Gestalt. Der Schlussstein mit der Zahl 1523 erinnert bis heute daran (24). Eine große Glocke, vom Znaimer Meister Sigismund gegossen, kündet ebenfalls tönend das Lob des kunstsinnigen Prälaten.
Die neue Orgel entstand zu einer Zeit, da der Zwettler Laienbruder Jacob Kunigschwerdt als bedeutendster niederösterreichischer Orgelbauer an der großen Orgel zu St. Stephan in Wien arbeitete. Man wird annehmen können, dass der mixturbetonte Typ der neuen Stiftsorgel im Verein mit den Sängern und Bläsern der Kantorei zur besonderen Festlichkeit der Liturgie maßgeblich beigetragen hat. (25)
Musik des Barock
1. Gegenreformation und Anbruch des Barockzeitalters
Die Wirren der Reformation brachten auch das Sankt Pöltner Chorherrnstift in eine geradezu hoffnungslose Lage. Sein Bestand war bei der Wahl Propst Georg Hübners im Jahre 1612 auf vier Mitglieder abgesunken. Doch Propst Hübner und sein Nachfolger Melchior Schad vermochten den Umschwung zugunsten einer inneren Erneuerung und Konsolidierung des Konvents herbeizuführen. Die Sorge um eine rechte Wort-Gottes-Verkündigung und eine würdige Liturgie sollten auch die Bürger der Stadt dem Katholizismus wiedergewinnen. Mit Melchior Klesl (1588-1630), dem für die Rekatholisierung bedeutungsvollen Passauer Offizial und nachmaligen Wiener Bischof und Kardinal, sowie dem bereits erwähnten David Gregor Corner .wirkten zwei bedeutende Persönlichkeiten in der Stadt. Dass Corner auch in St. Pölten das Kirchenlied als bedeuten, des Mittel der Rückgewinnung einsetzte, darf mit Bestimmtheit angenommen werden. Schließlich vollendete die Predigttätigkeit der Jesuiten das Werk der Gegenreformation. Das Wirken der folgenden bedeutenden Pröpste ergänzte die Bemühungen, erreichte die endgültige Erneuerung des Stiftes und bedeutete den "Aufbruch wiedererstarkten katholischen und klösterlichen Lebens und des Barockzeitalters in St. Pölten". (26)
Propst Johannes Fünfleuthner (1626-1661), vor seinem Eintritt Professor der Medizin und hernach Rektor der Wiener Universität, stach nicht nur durch außergewöhnliches geistiges Format hervor, er war auch großzügiger Bauherr und umsichtiger Wirtschafter. Die herbe, frühbarocke Gestaltung des von Grund auf erneuerten Stiftsgebäudes ist sein Werk (27). Dass dieser so universelle Mann auch der Kirchenmusik besondere Aufmerksamkeit zuwendete, erscheint selbstverständlich. So galt denn auch seine Sorge der Liturgie: "Cultum divinum promovit." Er reformierte Kult, Altäre, kaufte neue liturgische Geräte. Durch den Ankauf eines Orgelpositivs schuf er die Möglichkeit für die neuen Formen barocken Musizierens (28).
Propst Christoph Müller von Prankenheim (1688-1715) führte das Stift aus Türkennot in eine neue Blütezeit. Propst Christoph ist Bauherr der zweiten Barockisierung mit der Erhöhung des Südturms und Umgestaltungen im Inneren des Klosters. Der Kremser Matthias Prinninger gießt sechs neue Glocken und schafft damit "eines der anerkannt schönsten Geläute, wenn nicht das schönste der Diözese" (29). Als Historiker von Bedeutung schrieb der Propst eine vom gebildeten Stiftsarchivar Raimund Duellius 1723 herausgegebene und vom Historiographen Albert von Maderna 1779 fortgeführte Einführung in die Geschichte der Kanonie, ein auch für die Kirchenmusikgeschichte des Stiftes wichtiges Quellenwerk. Dieses rühmt besonders die Sorge des Propstes um eine abwechslungsreiche, wohlklingende Figuralmusik. (30)
Wie bedauerlich ist doch der Verlust des stiftlichen Musikarchivs, welches uns wertvolle Hinweise über den Musikstil und die Aufführungspraxis dieser Zeit hätte geben können. Gewiss erklang am Stiftschor , jener "neue Stil", der von Italien, vor allem Venedig Rom und später Neapel, seinen Ausgang nahm und in den Kirchenmusikzentren unseres Landes seine typisch österreichische Prägung erfahren hatte und so zum Wurzelboden des Kirchenmusikwerkes der Wiener Klassiker wurde. Seine Merkmale sind, sehr kursorisch, folgendermaßen zu beschreiben: Durchbruch des vertikal-harmonischen Denkens (Generalbass), Ausbildung eines neuen Formschemas (Periodisierung), Hinwendung zu liedmäßig-ausdrucksvoller Melodik (Arie). Der kirchliche Zentralraum versammelte die Kirchenmusik auf der Westempore. Dort erfolgt die Zusammenführung der ehedem räumlich getrennten, flächenakustisch gegeneinander wirkenden Klangkörper zu einer Gesamtheit mit der dynamischen Abstufung von Solo, später Soli, und Chor. Das Orchester, in dem die Streicher zunehmen, bildet mit dem Vokalensemble ein sich durchdringendes Ganzes, bei dem der Chor die Führungsrolle behält. Die Aufgabe des Orchesters reicht von der des stützenden Faktors über die Ausschmückung durch bereichernde Zusätze bis zur zeitweiligen Verselbständigung (31).
Neben diesem "stile nuovo" erfreut sich aber auch der "stile antico", die traditionelle Vokalpolyphonie, aufmerksamer Pflege, vorab in der Advents- und Fastenliturgie. Daß dies nicht in strenger Trennung geschieht, beweisen die vielen polyphonen Formen auch im "stile nuovo".
Dass in dieser Zeit auch der Choral, bereits im Verfall begriffen, hochgeschätzt war, nimmt fürs erste wunder, ist aber aus der großen Choraltradition der Chorherren zu verstehen. Gar oft rühmen die Totenroteln (32) die choralen Leistungen einzelner Konventualen. Ebenso zeigen sie aber, dass der Choral seiner objektiven Grundhaltung verlustig gegangen war und in den Strom barocker Kantabilität mit starker subjektiver Wirkung geriet.
So führt das feierliche Gotteslob musizierfreudige Chorherren, die Sängerknaben, in zeitgemäßen Perücken auftretend, Turnermeister und Gesellen, weltliches Stiftspersonal sowie Musikliebhaber aus der Stadt zusammen.
An die Türkennot gemahnt der Chorherr Ernst Pauer, einst berühmter Trompeter am Stiftschor. Als späterer Pfarrer der Stiftspfarre St. Christophen fiel er einer mordenden und brandschatzenden Türkenschar zum Opfer (33). Der am 27. Dezember 1724 zu Retz verstorbene Chorherr Leopold Langwald war ein eifriger Choralist, die beiden Konventualen Wolfgang Kraus, gestorben am 12. Februar 1727, und Leopold Schuster (1673-1727) werden ob ihrer außergewöhnlichen Gesangesleistungen hervorgehoben. Ersterer zeichnete sich durch seine "gediegene, gutgeschulte Stimme" aus, letzterer war wegen seines "wohlklingenden Basses in Choral- und Figuralgesang gleich gern gehört". Anton Schilling (1670-1729), später Pfarrer zu Kasten und Kapelln, ließ, wenn er nicht gerade als vielgesuchter Fagottist zur Verstärkung des harmonischen Fundamentes beitrug, ebenfalls gerne sein prächtige Stimme ertönen.
Als erster, namentlich bekannter Stiftsregenschori scheint der Chorherr Gottfried Copisi auf. 1683 in Eferding, Oberösterreich, geboren, empfängt er von seinem Vater, einem Organisten, erste musikalische Impulse. Nach seinem Eintritt ins St. Pöltner Chorherrnstift stellt er diesem seine musikalischen Dienste 29 Jahre hindurch zur Verfügung. Als Stütze der Chorgemeinschaft unentbehrlich, leitet er auch den Figuralgesang durch 19 Jahre. Der Orchestermusik kundig, galt doch seine besondere Liebe dem Choral, dessen Seele er war: "Concentus gregorianus anima". Dem Verfasser des Nekrologes blieb es unvergesslich, wann Copisi beim Fastenoffizium zum Lesepult schritt und von dort den Bußpsalm "Miserere" intonierte und die Herzen aller zutiefst " mit Reue erfüllte. (34)
Zur selben Zeit machte ein aus St. Pölten stammender Orgelbauer in der Fremde auf sich aufmerksam, nämlich der am 12. Juli 1672 als Sohn eines Bierbrauers geborene Jacob Irrlacher. 1704 ist er selbständiger Orgelmacher in Kreuznach, ab 1715 befindet sich seine Werkstätte in Worms. Mit seiner, in Österreich erworbenen, durch internationale Erfahrung vergrößerten Kunstfertigkeit erwirbt er sich im Rheinland hohes Ansehen. (35)
2. Hochbarocker Imperialstil - Johann Adam Scheibl
Wenn die niederösterreichische Heimat in dieser Zeit zur barocken Kulturlandschaft wurde, verdankt sie es in erster Linie den prachtvollen Klosterbauten. Ebenso ist es Verdienst der bedeutsamen klösterlichen Musikpflege, das diese Kulturlandschaft zum Klingen kam. Schließlich schuf die Verbindung von Architektur, Plastik, Malerei, vokaler und instrumentaler Kunst eine nicht mehr zu überbietende ideale Harmonie. Die entscheidenden kulturellen Impulse kamen vom Wiener Hof. Dass sie so rasch und vollkommen zum Durchbruch gelangten, lässt sich auf folgende Faktoren zurückführen: Die Stiftsprälaten kamen durch ihre verschiedenen Funktionen am Hof mit dem dortigen kulturellen Geschehen in enge Berührung. Ebenso eng gestalteten sich die Kontakte der Künstler des Hofes mit den Stiften. Schließlich besaßen die Stifte mit ihren Wiener Stiftshöfen bedeutsame kulturelle Außenposten. Dies alles trug wesentlich dazu bei, dass auf dem Gebiet der Architektur der "Reichsstil" eine ebensolche Breitenwirkung erfuhr wie sein musikalisches Pendant, der hochbarocke imperiale Musikstil.
Die gewaltigen kulturellen Leistungen sind das Ergebnis einer verständnisvollen und innigen gegenseitigen Zusammenarbeit von Kunstmäzen, darstellendem Künstler und Musiker. Wiederum erweist sich der kaiserliche Hof als beispielgebend. Mit ihrer oft überdurchschnittlichen kompositorischen Begabung und der starken Neigung für Architektur und bildende Künste erbringen die Mitglieder des Kaiserhauses die innere Voraussetzung für das Mäzenatentum. Bedeutsam ist ferner die enge geistige Verwandtschaft von darstellenden Künstlern und Musikern, wie sie beispielsweise in den augenfälligen Parallelen zwischen den führenden Kräften des Reichsstils und des barocken Musikstils, zwischen Johann Bernhard Fischer von Erlach und Johann Josef Fux, sichtbar ist. Ähnliches lässt sich auch von den benachbarten Stiften Göttweig, Herzogenburg und St. Pölten sagen. Das Mäzenatentum der gebildeten und kunstsinnigen Prälaten Gottfried von Bessel, Wilhelm Schmerling und Johann Michael Führer ermöglichten die schöpferischen Hochleistungen eines Lukas von Hildebrandt, Jakob Prandtauer und Daniel Gran ebenso wie die beachtenswerten Kompositionen der drei bedeutsamsten niederösterreichischen Komponisten der theresianischen Epoche: Johann Georg Zechner, Georg Donberger und Johann Adam Scheibl. (36)
Das St. Pöltner Chorherrnstift stellte zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit Propst Johann Michael Führer (1715-1739, gestorben 1745) seinen wohl kunstsinnigsten Prälaten, dem der Ausbau des Stiftes zum barocken Klosterpalast erstrebenswertestes Ziel war. So verwandelte denn auch die Barockisierung durch Jakob Prandtauer und Josef Munggenast den mittelalterlichen Bau in einen "neuen, fröhlich prachtvollen Kirchenraum . . . mit eleganten Chorstühlen, Malereien, Bildnereien und Altären" (37). Als oberster Erbkaplan, der anlässlich der Eröffnung des niederösterreichischen Landtages das Hochamt in der Burgkapelle zelebrierte, wurde er von der höfischen Prachtentfaltung mächtig beeindruckt. Im St. Pöltner Hof in der Krugerstraße besaß das Stift einen weiteren kulturellen Umschlagplatz. (38)
Propst Führer knüpfte würdig an die Tradition seiner musikbegeisterten Vorgänger an, war selbst ausübender Musiker, spielte Harfe und Flöte und war auch als Sänger gern gehört (39). 1722 erfolgte die Beendigung des Neubaus der Stiftsorgel mit ihrem prächtigen Gehäuse und der hochragenden Gestalt des harfenspielenden David auf dem Rückpositiv. Als Erbauer des zweimanualigen, 22-stimmigen Werkes ist mit einiger Wahrscheinlichkeit der Passauer Orgelmacher Johann Ignaz Egedacher (1675-1744) anzunehmen, der in der noch heute bestehenden Zwettler Stiftsorgel 1731 sein bedeutsamstes Werk auf niederösterreichischem Boden geschaffen hatte. Doch nicht nur der Orgelbau kündet das Lob des kunstsinnigen, musikbegeisterten Prälaten. Er berief für das neue Werk auch einen trefflichen Organisten, Johann Adam Scheibl, mit dem das Stift seinen .bedeutendsten Musiker erhielt. Johann Adam Scheibl wurde am 18. November 1710 im oberösterreichischen Spital am Pyhrn als Sohn des Johann Georg Scheibl und der Maria Katharina geboren (40). Für die Musikalität des Sohnes sorgte vor allem der hochmusikalische Vater: Johann Georg Scheibl, "Sohn des Pancratii Scheibls Baders und Bürgers in Hall", der vorerst in Enns als "Musicus bei der Stadtpfarr" und Sänger, "Altist", wirkte. In Enns wurde auch Scheibls älterer Bruder, Johann Karl,1697 geboren (41). Ebenfalls hochmusikalisch, trat er ins steirische Benediktinerstift St. Lambrecht ein; 1723 feierte P. Valentin Scheibl Primiz. In der Folge versah er unter anderem auch das Amt eines Stiftskapellmeisters und starb, als "bonus compositor und organista" gerühmt, am 22. Dezember 1745 (42). Von Enns ging Vater Scheibl nach Spital am Pyhrn und übernahm im dortigen Kollegiatsstift das Amt eines "Choraldirektors". Über den weiteren musikalischen Bildungsgang Johann Adam Scheibls, der vom Vater sicher die ersten bedeutenden Eindrücke vermittelt bekam, wissen wir wenig.1734 wirkt Johann Adam Scheibl als "Organaedo in Seitenstetten", wo er sich auch als Komponist die ersten Sporen verdient hat. Dem Stifte und seinen Prälaten blieb er auch nach seiner St. Pöltner Berufung treu ergeben, aber auch die Seiterrstettner bewahrten ihm und seinem Werk, wie kein anderer Chor, bis zum Ende des 19. Jahrhunderts die Treue (43). Der Zeitpunkt des St. Pöltner Dienstantrittes ist unbekannt. 1744 scheint Scheibl erstmalig als "Organist im HerrnStift" in der Trauungsmatrik auf, befand sich aber sicher schon früher in der Stadt (44). Die Berufung zum "organista et compositor" dürfte in den letzten Regierungsjahren Propst Führers erfolgt sein (45).Eine Bestellung Scheibls nach 1739 ist unwahrscheinlich. In diesem tragischen Jahr zwang der hohe Schuldenstand den Propst zur Resignation und das Stift zu drakonischen Sparmaßnahmen, wie Entlassung der Werkleute und weitgehende Einstellung der Bautätigkeit. Die kirchenmusikalische Situation war zur Zeit des Propstes Führer sehr erfreulich. Gottfried Copisi war dem Chor ein umsichtiger Leiter. Völlig überraschend starb er am 14. Jänner 1737. Der zum Nachfolger vorgesehene Johann Prandtauer, ein Sohn des großen Baumeisters, lehnte demütig die Berufung zum Stiftskapellmeister ab und ging auf die Pfarre Kapelln. Die endgültige Nachfolge trat der am 27. November 1704 zu Waiz in der Steiermark geborene, am Hippolytustage des Jahres 1728 geweihte Stiftspriester Matthias Atteneder an. Er wusste als Leiter des Figuralgesanges ebenso zu gefallen wie als tüchtiger Organist. (46)
Im Konvent befanden sich jedoch noch weitere gute Sänger und Instrumentalisten, ebenso unter den Stiftsangestellten, wie der 1742 als "Fagottist im Herrnstift" erwähnte Gottfried Roßwurm (47). Auch das Turneramt war in guten Händen. Als Scheibl nach St. Pölten kam, hatte gerade Gotthardt Gaugler das Turnermeisteramt inne. Er folgte darin seinem Vater Johann Gaugler, der 1726 bereits als "Wirt und gewester Thurnermeister" erwähnt wird (48). Für den Chorgesang sorgten neben den Chorherrn Stiftsangestellte, wie zum Beispiel der 1725 angeführte Bassist und Pfarrmesner Josef Karl, vor allem die Sängerknaben des Stiftes. (49)
Am 11. Oktober 1744 wunde Johann Adam Scheibl in der Stiftspfarre Gerersdorf mit Maria Elisabeth Werrle, der Tochter des Wiener kaiserlichen Kammermalers Johann Georg Werrle, getraut. Mit Johann Georg Werrle tritt ein bisher im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Stiftes und seiner Kirche unbekannter Künstler in das Blickfeld der Erwägungen. Werrles Schüler, der bekannte Maler Daniel Gran, war Scheibls Trauzeuge. Die engen familiären Bindungen mit der Familie Daniel Grans wurden in der Folge noch vertieft, wie die Patenschaft der "Jungfer Catharina de Gran" bei der Taufe von Scheibls Tochter Josefa 1758 beweist. Sind die engen persönlichen Bande der beiden Künstler Ausdruck schöpferischer Gemeinsamkeit, so bezeugen andere gesellschaftliche Beziehungen das hohe Ansehen, das sich Scheibl in St. Pölten erworben hatte. Dies wird auch durch Bezeichnungen, wie "wohledler und kunstreicher Herr", "praenobilis Dominus", "Autor ornatissimus" bekräftigt. (59)
Der Ehe Scheibls entsprossen zehn Kinder, von denen drei schon in zartester Jugend starben. Von den beiden Söhnen trat Franz Xaver in stiftliche Dienste und wurde später bischöflicher Rentmeister. Ignaz Markus Scheibl (1747-1783) bat um die Aufnahme bei den Piaristen, die damals in St. Pölten einen Konvent sowie eine deutsche und lateinische Schule führten. Zur feierlichen Primiz am 29. September 1771 stellte sich der Vater mit einem sinnigen Geschenk ein: Er komponierte ein feierliches Veni sancte spiritus, "ad primitias R. P. Honorii, Piarista, filii sui" (51). Wiederum gibt eine interessante Parallele Aufschluss über die tiefe Gläubigkeit der St. Pöltner Künstler: Jakob Prandtauer vertraute seinen einzigen Sohn dem Stift als Priester an, Daniel Grans Tochter fand bei den Englischen Fräulein in St. Pölten Aufnahme, Johann Adam Scheibl schenkte seinen Sohn den Piaristen. Den Piaristen schenkte Scheibl aber auch seine guten Dienste als Chorleiter. Erstmals winkte er bei der feierlichen Eröffnung der Konventskapelle mit, wo "inter tubarum clangores, alium instrumentorum et vocum concentum" ein Hochamt zelebriert wurde. Der Initiative Scheibls, "perorante et procurante praenobili Domino Adamo Scheibl", war auch ein 1762 geschlossener Vertrag zwischen dem Stiftspropst und dem Piaristenprovirzial zu verdanken. Hiebei verpflichtete sich der Propst zu einer musikalischen Gegenleistung für die schulische Ausbildung der Stiftssängerknaben und stellte für die Hochfeste der Piaristen den Stiftskapellmeister und Turnermeister zur Verfügung. Wie sehr sich Scheibl den Piaristen verbunden fühlte, beweisen die vielen Eintragungen im Buch der Wohltäter der St. Pöltner Piaristen. (52)
So wirkte Scheibl die Jahre hindurch als "Organista et compositor im Herren Closter" (1746), 1755 erstmalig als "Organist und Regenschori, weiters als "Chori regens und Organist" 1772, "Chordirektor im Stift" 1775 (53). Das genaue Datum der Berufung zum Stiftskapellmeister ist nicht eruierbar. Interessant ist, dass 1755, da Scheibl zum ersten Male in diesem Amt aufscheint, der ehemalige Stiftsregenschori Matthias Atteneder zum Propst gewählt wird (1755-1779). Da dieser jedoch schon ab 1751 als Administrator das Stift leitete, wäre eine Berufung Scheibls zu dieser Zeit denkbar. Propst Atteneder war ein Wirtschaftstalent und erwarb sich große Verdienste um die Wiedergenesung des schwer verschuldeten Klosters. Dieser Umstand sowie die enge Verbindung des Propstes mit der Stiftsmusik waren sicher für die große künstlerische Entfaltung Scheibls von Bedeutung, dessen Kompositionen sich immer größerer Beliebtheit und weiterer Verbreitung erfreuten. Dies bestätigte unter .anderen der vielgereiste und vom Neapolilaner Leonardo Leo geschulte Regenschori zu Kremsmünster, Franz Sparry (1715 bis 1767), der Scheibl als Komponisten brauchbarer Kirchenmusik schätzte (54). Dass Scheibl auch als Orgelpädagoge in Erscheinung trat, beweist eine jüngst in Seitenstetten gefundene Orgelschule, die nebst Werken von Albrechtberger, Fux und Muffat eine Generalbassschule folgender Bezeichnung enthält: "Kurz und gründliches Fundament, den general Baßs recht und wohl zu schlagen, gegeben von H. Johann Georg(!) Scheibl, Compositor und Org. Ad Sctum Hypolitum Bey denen D. D. Canonici Regulares ad St. Pölten". (55)
Ein knappes und in Zweifelsfällen stilkritisch noch nicht geklärtes Verzeichnis der bisher eruierten Werke Johann Adam Scheibls möge einen vorläufigen Überblick über sein Schaffen geben.
Nationalbibliothek Wien, Musiksammlung: (56)
2 Messen (Missa S. Augustini), 1 Hymnus, 2 Arien, 3. Lesung für den Mittwoch in der Karwoche, 1 Oratorio sepulcro.
Musikarchiv Stift Herzogenburg: (57)
3 Messen (Missa S. Severini, Missa S. Jacobi,, Missa S. Viti), 2 Litaneien, 1 Te Deum.
Diözesanarchiv Graz: (58)
2 Messen (Missa festiva St. Angelorum custodum, Missa dimidia solemnis), 3 Offertorien, 2 Veni sancte spiritus, 2 Arien, 1 Duetto de B. M. V., 1 Psalm, 4 Litaneien, 13 Sinfonien, 2 Divertimenti.
Musikwissenschaftliches Institut Graz (Pfarre Sankt Jakob bei Leoben): (59)
2 Messen, 3 Litaneien.
Musikarchiv Stift Seitenstetten: (60)
22 Messen, 13 Offertorien, 12 Litaneien, 1 Vesper, 12 Marianische Antiphonen, 1 Te Deum, 1 Miserere, 1 Sinfonie, 1 Concerto, 7 Orchesterpartien, Applausus, 1 Generalbassfundament.
Archiv Sonntagberg: (61)
Tenebrae, 2 Marianische Antiphonen.
Musikarchiv Stift Wilhering: (62)
7 Messen (Missa S. Erasmi, Missa S. Achatii, Missa S. Viti, Missa S. Blasii), 7 Lauretanische Litaneien.
Musikarchiv Stift Kremsmünster: (63)
11 Messen, 4 Litaneien, 2 Marianische Antiphonen, 2 Te Deum, 1 Sinfonie.
Kirchenmusikarchiv Pfarre Neuhofen an der Ybbs: (61)
2 Offertorien, 2 Arien, 1 Motette.
Musikarchiv Stift Seckau:
1 Messe (Missa natalitia), 3 Arien, 2 Marianische Antiphonen.
Brünn, Moravske-Museum: (65)
9 Messen (Missa S. Achatii, Missa natalitia, Missa S. Eustachii, Missa S. Philippi et Jacobi, Missa S. Benedicti), 6 Litaneien, 3 Requiem, 1 Marianische Antiphon.
Studienbibliothek Ptuj (Pettau):
1 Parthia, 3 Concerti.
Musikarchiv Novo Mesto, Franziskanerkloster: (66)
1 Messe (Missa S. Christophori), 1 Requiem, 1 Litanei. 3 Partiten, 1 Concertino in C (Cembalo solo), Balorosa soldatesca, 12 Baleti.
Eine nähere Betrachtung der kirchenmusikalischen Werke Scheibls zeigt die große Beliebtheit seiner die einfachen Verhältnisse berücksichtigenden Messen. Bei diesem (hier noch nicht als solchen bezeichneten) Typus der Missa brevis treten zum Chorsatz meist nur der Generalbass und meist akzessorische Bläser (Trompeten und Posaunen) hinzu. Hier finden sich die Anfänge der später so gängigen "Landmessen", die wesentlich zur Verflachung der Musikpflege im 19. Jahrhundert beigetragen haben. Aufwendiger sind die Missae solemnes gearbeitet. Die Instrumentalbegleitung, Streichtrio mit 2 Trompeten, 2 Posaunen und Orgel und fallweise Violen, passt sich den St. Pöltner Verhältnissen an. Die Messen Scheibls stehen ebenso wie seine übrigen Kompositionen unter dem Eindruck der Stilwende, die den Anbruch einer neuen Musikkultur ankündigt (Wiener Klassik), zeigen bisweilen eine überraschend fortschrittliche Haltung, entbehren aber auch nicht retrospektiver Züge (Barock, Einfluss J. J. Fux).
Die Dur-Moll-Tonalität ist vorherrschend. Große Bedeutung wird einer gesanglichen, zeitweise pathetischen Melodik beigemessen. Dies zeigt sich besonders in der Vorliebe für ariose, mit Koloraturen versehene Teile, Erbgut der Neapolitaner. Zum anderen finden volkstümliche Elemente, wie zum Beispiel das Pastoralmotiv in der Missa natalitia, einer Vorgängerin der späteren Pastoralmessen, stärkere Berücksichtigung. Der Generalbass wird mehr in die motivische Arbeit hineinbezogen, bisweilen findet sich auch ein kurzes Orgelsolo. Bemerkenswert ist vor allem das Bestreben nach einer klaren Formgebung. Die Solo-Tuttitechnik findet ebenso reichliche Verwendung wie die häufig eingegliederten Arien. Sie verleihen besonders dem Gloria ein kantatenhaftes Gepräge. Die Arien sind meist zweiteilig, im Benedictus kündigt ein Instrument manchmal das Gesangsthema an (Devisenarie). Das Credo hingegen ist knapper gegliedert, in kleineren Messen wird bereits ein ineinander geschachtelter liturgischer Text gesungen, für die Missa brevis in Hinkunft sehr typisch. Auch die beliebten Credoeinwürfe (Credomessen) als formgliedernde Hilfsmittel finden sich schon. Die Kontrapunktik tritt immer mehr zugunsten eines homophonen, durch synkopale Rhythmen belebten Chorsatzes zurück. Fugiert erscheinen, wie allgemein üblich, die Gloria- und Credoschlüsse sowie das Hosanna und Dona. Der Orchesterpart zeigt sich schon stark verselbständigt und übertrifft bisweilen den Vokalpart an Bedeutung. Die fanfarenartige, bei den Neapolitanern beliebte Gloria-lntrada und das reiche Figurenwerk der Violinen erweisen die Bedeutung des Orchesters als schmückender, affekterregender oder auch wortinterpretierender Faktors. (67)
Ein am Kaiserhof beliebter Brauch wurde ebenfalls übernommen: Das Sepolcro, eine Wiener Sonderform des Oratoriums in Verbindun,g mit der Andacht beim Heiligen Grab in der Karwoche. Scheibls "Oratorio de sepolcro", mit deutschem Text, besteht aus vier Arien und einem abschließenden Chorsatz. Es scheint als würdiger Abschluss der alten Stifitstradition mit der Depositio crucis und der Visitatio sepulchri. Im Proprium missae tritt beim Offertorium die Paraphrase verstärkt in Erscheinung. Einen besonderen Platz nimmt hier die Aria ein, die in ihrer einfachen Form ihre Abkunft vom monodischen Barocklied nicht verleugnen kann.
Die beachtliche Zahl von Sinfonien Concerti, Orchersterpartiten und Divertimenti läßt auf eine rührige weltliche Musikpflege am klösterlichen Hof schließen. Tafelmusik und andere festliche Ereignisse gaben Scheibl Gelegenheit zu reicher musikalischer Betätigung. Die sehr interessanten, fortschrittlich gehaltenen Sinfonien weisen die übliche Streicherbesetzung auf, gelegentlich treten Trompeten, Hörner, Posaunen und Pauken hinzu. Die Dreisätzigkeit ist vorherrschend, das einleitende Allegro weist häufig ebenso die Charakteristica der Sonatenform auf wie das abschließende Presto-Finale. Ein Iangsamer, kantabler Mittelsatz trägt vor allem als Siciliano noch stärkere barocke Züge.
Am 31. Dezember 1773 stirbt Johann Adam Scheibl. Die Trauergemeinde ahnt noch nichts vom sobald hereinbrechenden Unheil.
3. Ausklang der Stiftsmusik, josephinische Klosterverordnungen
Das gewaltige Erbe Johann Adam Scheibls wird nun wieder von einem Konventualen übernommen: Karl Waizing, am 30. Dezember 1720 zu Arnsdorf in Niederösterreich geboren. Mit großem Eifer wirkt er im Chordienst, der "psalmodia divina", in Strenge und Verantwortungsbewusstsein leitet er die Sängerknaben, "iuventus nostra figurali choro destinata". Als Leiter der Figuralmusik geht ihm die Förderung der Frömmigkeit der Gläubigen über alles. Heftig wehrt er sich gegen das Eindringen weltlich-theatralischer Effekte in die Kirchenmusik und beweist dabei ein feines Gespür für deren Würde. (69)
Ein 1774 zwischen Propst Matthias und dem bürgerlichen Turnermeister Anton Ringsmuth aus Waidhofen an der Thaya geschlossener Vertrag beleuchtet ein letztes Mal die große Bedeutung des Amtes für das Stift.
Die erste Sorge des Turners galt der Kirchenmusik. Zu ihrer Bestreitung hatte er "nebst seiner eigenen Person vier Gesellen, worunter ein guter Trompeter und ein guter Posaunist und ein Lehrjung, folglich in allen sechs Personen, zu stellen". Verlässlich und mit den entsprechenden Instrumenten bestückt, hatte er am Chor zu erscheinen und dort in "Subordination" unter dem Regenschori zu stehen. Zu seinen Obliegenheiten zählten jedoch auch weltliche Anlässe, "wann eine Tafl oder andere Music von einer hohen Obrigkeit angeschafet wird". Als Lohn wurden 100 Gulden vereinbart, Naturaldeputate sowie Freitafeln mit genau festgelegter Speisen- und Getränkefolge. (70)
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begegnen wir endlich auch einem in St. Pölten ansässig gewordenen Orgelbaumeister. Ab den siebziger Jahren führt der um 1743 in Enns geborene Karl Seywald in St. Pölten die Werkstätte. Er ist ein verlässlicher Meister mit kleinen, aber für den hohen Stand des niederösterreichischen Orgelbarocks bezeichnenden Werken in der näheren und ferneren Umgebung St. Pöltens: Retz (Dominikanerkirche), Kirchberg an der Pielach, Hafnerbach, Langenrohr, Maria Anzbach, Tulbing, Kasten. (71)
Am 16. Juli 1784 fiel das Stift den josephinischen Kirchenverordnungen zum Opfer. Obwohl disziplinär und ökonomisch in Ordnung, wurde die altehrwürdige Kanonie aufgehoben. St. Pölten wurde zum Bischofssitz einer die westliche Hälfte Niederösterreichs umfassenden, von Passau abgetrennten Diözese ausersehen. Während Bischof Johann Heinrich Kerens die Transferierung seines Wiener Neustädter Bistums nach St. Pölten vorbereitete, trat Propst Ildefons Schmidbauer (1779-1784) mit vier seinen Chorherren den bitteren Weg in die nunmehrige Propsteipfarre Wiener Neustadt an. (72)
Dem letzten Regenschori des Stiftes, dem Konventualen Malachias Spitzel, oblag das traurige Amt, das kirchenmusikalische Inventar des aufgehobenen Chorherrsnstiftes zu besorgen, letztes Zeugnis einer bedeutenden Vergangenheit: An Instrumenten waren 8 Violinen, 2 Violen, 1 "Bassettl", 3 Kontrabässe, 10 Trompeten, 2 Paar Pauken, 3 Posaunen, 2 Hörner und 1 Fagott ausgewiesen. Am Chor befanden sich neben der großen Orgel und dem Positiv die entsprechenden Choralbücher, 2 Gradualien und 2 Antiphonare sowie 4 Kästen voll Noten. Zwei weitere Orgelpositive, eins davon aus der Barbarakapelle, waren in der Schneiderei bzw. auf dem Dachboden, ein weiteres Positiv stand in der Schlosskapelle zu Ochsenburg. (73)
Die St. Pöltner Dommusik
1. Aufbau - Johann Hubner
Mit dem 8. Mai 1785, dem Tag der feierlichen Inthronisation des ersten St. Pöltner Bischofs Johann Heinrich Kerens (1785-1792), beginnt die Geschichte der St. Pöltner Dommusik.
Ihr Anfang war nicht gerade ermutigend. Durch die Konfiskation des Stiftsvermögens war eine bislang recht zuverlässige materielle Grundlage in Verlust geraten. Der mit der Verwaltung dieses Vermögens betraute Religionsfonds war ein weit sparsamerer Brotgeber und brachte insbesondere durch seine bürokratische Haltung die Kirchenmusik in große Schwierigkeiten. Der Verlust des klösterlichen Kirchenmusikpersonals war dagegen leichter zu ertragen. An seine Stelle traten die mit dem Bischof von Wiener Neustadt mitgekommenen Choralisten, die im aufgehobenen Franziskanerkloster, dem späteren bischöflichen Priesterseminar, Quartier bezogen. Die Choralisten, ihre Höchstzahl war mit 6 limitiert, besorgten den Choral bei sämtlichen feierlichen liturgischen Funktionen des Bischofs und seines Domkapitels. Sie sangen täglich Terz, Kapitelamt und Vesper und an den Festtagen die übrigen großen Horen. Des weiteren bildeten sie am Domchor, wann immer ein Figuralgesang vorgesehen war, den Grundstock der Unterstimmen und halfen durch "Falsettieren" bisweilen sogar den schwachen Oberstimmen.
Der anfängliche Choralistengehalt, 200 Gulden und Quartier, waren durchaus angemessen und machte das Amt sogar begehrenswert (74). Dieser begrüßenswerte Zustand sollte sich freilich mit zunehmender Geldverdünnung ändern. Trotzdem fehlte es nie an guten Choralisten. Bester Beweis hiefür ist die Tatsache, dass bis zu dem nach dem Ersten Weltkrieg erfolgten Ausscheiden der Choralisten jeder Domkapellmeister, vorerst Domregenschori genannt, aus ihren Reihen kam. Erster Regenschori war Johann Hubner (Huebner, Hübner). 1748 geboren, war er vorerst Domchoralist und ab dem 27. August 1787 Leiter der Dommusik. Laut Vertrag hatte er sämtliche Musikalien und Instrumente zu übernehmen und sie mit dem bischöflichen Wappen zu signieren. Des weiteren wurde ihm der Verleih von Noten und Instrumenten ebenso (mit Pönale!) verboten wie die Verpflichtung von "Leuten aus dem Theater". Schließlich "Sey dem Regenschori einzuschärfen, die Musiker zur besseren Ordnung und wärmerem Eifer für den Dienst anzuhalten, eine zweckmäßige Eintheilung nicht nach den von jeden unter ihnen eigenmächtig suchenden Platz und Rang, sondern nach ihren Fähigkeiten zu veranlassen, und also auf eine solide Musik Bedacht zu nehmen, vorzüglich auch den Thurnermeister anzuhalten, daß er sich um tüchtigere Leute bewerbe". Der Vertrag sah ferner die Beibehaltung des Choralistendienstes vor, soweit es sich mit dem Dirigentenamt vereinbaren ließ. Doch auch diese Doppelfunktion ermöglichte noch keine lebensfähige Existenz (75). So sah man sich weiter um und glaubte schließlich, in dem durch den Tod des Michael Lettner am 9. Oktober 1811 frei gewordenen Amt des Mesners an der Dom- und Franziskanerkirche die endgültige Sicherstellung des Domregenschori gefunden zu haben. Eine höchst unglückliche Lösung, über die alle Betroffenen, insbesondere der Messdiener im Dom sowie der vom Regenschori zu bezahlende Gehilfe bei den Franziskanern, nicht froh wurden.
Zum besonderen Aufgabenbereich des Regenschori zählte die Schulung der vom Religionsfonds systemisierten drei Sängerknaben, die bei ihrem Meister auch in Kost und Quartier standen. Dass man bei maximal 6 Männer- und drei Knabenstimmen 2 Sopranisten und ein Altist, nur mit Einschränkung von einem Domchor sprechen kann, muss wohl nicht näher erläutert werden. Umso höher sind daher die Leistungen der Chorregenten zu bewerten, denen in Bischöfen, Domkapitularen und wohlsituierten Bürgern der Stadt warmherzige Mäzene, in der "Geistlichkeit und anderen distinguierten Personen" opferbereite, ehrenamtliche musikalische Mitarbeiter zur Seite standen. (76)
Mit den Sängerknaben kam dem Regenschori auch ein gerüttelt Maß an materiellen Sorgen ins Haus. Ein wahrer Aktenberg kündet von den Schwierigkeiten, das Geld für Kost, Quartier, Kleidung (Rock, Beinkleid, Gilet und Mantel), Schulrequisiten, Bettzeug, Möbeln und anderes mehr hereinzubekommen. (77)
Der Instrumentalpart lag auch weiterhin vornehmlich in den Händen des Turnermeisters und seiner Gesellen. 1787 kaufte der Melker Anton Kintscher dieses Gewerbe um 1400 Gulden, nachdem er schon sechs Jahre vorher das Haus am Rathausplatz 19 samt Gastwirtschaft sein eigen nennen konnte. 1799 erwarb er, inzwischen "Musikdirektor" geworden, das Haus Domgasse 8. Ein recht einträgliches Gewerbe also, besonders was die Hochzeits-, Ball-und Theatermusik betrifft78. Letztere mag auch für den unerwünscht weltlichen Ton am Domchor verantwortlich gewesen sein und zum Chorverbot der "Theaterleute" geführt haben. Ob Turnermeister und Gesellen dem Regenschori auch bei Bestreitung der "Bischöflichen Kammermusik" "subordiniert" waren, ist nicht festzustellen. Der "Catalogus der bischöflichen Kammermusicalien" unter Bischof Kerens zeigt jedenfalls einen beachtlichen Umfang an weltlicher Musikpflege am geistlichen Hof und führt folgende Werke an:
Symphonien: Haydn Josef (45), Vanhal, Haydn Michael (3), van Swieten (6), Dittersdorf (3), Koze luch (3), Bosetti (3), Pleyel (15), Wranitzky (10), Hofmeister, Süßmayer (2):
Klavierkonzerte: Preindl (2);
Divertimenti: Haydn Josef (6), Wranitzky (6);
Quartette: Salieri (8); Quintette: Mozart (79)
Während seiner langen Amtszeit diente Hubner nicht weniger als sechs Bischöfen. Neben Bischof Kerens war der kunstsinnige Bischof Johann Nepomuk Ritter von Dankesreiter (1816-1823) ein besonderer Förderer der Musik. Franz Schubert verbrachte als sein Gast einen schönen Herbstmonat des Jahres 1821 in St. Pölten. Zwei Akte der Oper "Alfons und Estrella" waren Frucht dieses Aufenthaltes. Auch die Harfnerlieder op. 12 sind dem Bischof dediziert. Über eine kirchenmusikalische Betätigung Schuberts in St. Pölten gibt es leider keine Anhaltspunkte. Es konnte auch nicht festgestellt werden, ob zwischen dem Meister und dem seit 1819 tätigen, aus Auspitz in Mähren gebürtigen Turnermeister Anton Schubert mehr als bloße Namensgleichheit bestand. (80)
Auch Bischof Jacob Frint (1827-1834), in seiner Jugendzeit Sängerknabe in Klagenfurt, zählte zu den besonderen Förderern der Dommusik, wie manche Notenschenkung beweist. (81)
An der nunmehrigen Domorgel waltete bis 10. April 1798 Joseph Allbarth seines Amtes. Der ehemalige Abstettner Schullehrer wirkte später noch viele Jahre als Stadtpfarrorganist zu Krems. Anton Allbarths Nachfolger kam ebenfalls aus dem Lehrerstande: Anton Mader aus Schönbach (82). Über 40 Jahre versah er gewissenhaft seinen Dienst, bis er, altersschwach, am 12. September 1839 eine Pension bewilligt bekam, eine für damalige Verhältnisse beachtliche Auszeichnung (83).
Eine abschließende Betrachtung kann dem Wirken Hubners ein gutes Zeugnis ausstellen. Nach der Überwindung beträchtlicher Anfangsschwierigkeiten vermochte seine solide, sich über eine beachtliche Zeitspanne erstreckende Tätigkeit ein gutes Aufbauwerk zu vollbringen. Dank guter Mitarbeiter erfreute sich das Kirchenmusikwerk der Wiener Klassiker und ihrer bedeutenden Nachfahren einer eifrigen Pflege. Am 7. August 1831 starb der 81 jährige Regenschori an Altersschwäche84. Was er begonnen, erfuhr eine großartige Fortführung durch seinen Nachfolger Paul Resch, dem wohl bedeutendsten St. Pöltner Domchorregenten des 19. Jahrhunderts.
2. Höhepunkt klassischer Musikpflege – Paul Resch
Paul Resch erblickte am 25. Oktober 1786 in dem östlich von Krems gelegenen Engabrunn als Sohn des Schuhmachermeisters Ferdinand Resch und der Maria Anna, geborene Fußlin, das Licht der Welt (85). Er wendet sich dem Schuldienst zu, wird Schulgehilfe in Traismauer, bewirbt sich 1810 um das Amt eines Choralisten am St. Pöltner Dom. In jenem Jahre kamen durch den Tod des Sängers Gottlieb Gegenbauer und des die Oberstimme fistulierenden Bartholomäus Lischka gleich zwei Dienstposten zur Ausschreibung. Diese verlangte von den Bewerbern eine "gute und ausgiebige Stimme" und einige Übung im Chorgesang. Als Alterslimit waren 35 Jahre festgesetzt (86). Neben Resch kam noch Ferdinand Butter in die engste Auswahl.
Durch 21 Jahre erwirbt sich nun Resch als guter Sänger, wertvoller Kopist und ansehnlicher Komponist die Achtung und das Vertrauen seiner Vorgesetzten. So tritt er schließlich die Nachfolge Hubners an. Der Dienstvertrag vom 20. August 1831 bestätigt Resch in allen uns schon von Hubner her bekannten Ämtern und regelt die sich daraus ergebenden Verpflichtungen- In besonderer Weise werden die Sängerknaben der Obsorge des neuen Regenschori übergeben: "Sie in, Kirchengesange gehörig zu unterrichten und ihnen überhaupt eine in jeder Hinsicht wahrhaft väterliche Behandlung, somit eine gute christliche Erziehung angedeihen zu lassen."
Als fixe Bezüge erhält Resch aus den Renten des Religionsfonds für den Dienst als Regenschori 50 Gulden, als Mesner 86 Gulden 55 Kreuzer (!). Als Äquivalent für größere Naturalbezüge kommen 84 Gulden 20 Kreuzer zur Auszahlung, das Naturale beträgt 6 Metzen Weizen, 20 Metzen Korn, 3 Metzen Gerste, je 4 Klafter "harte und weiche Scheiter". Für die Sängerknaben erhält er 617 Gulden und 4 Klafter weiche Scheiter pro Jahr. (87)
Mit dem Dienstantritt des energischen Regenschori wird am Domchor ein neuer Wind spürbar. Als Choralist mit den Vorzügen und Schwächen seiner Musikerkollegen vertraut, richtet er sich für seine neue Tätigkeit ein gutes Konzept zurecht. Die von Resch verfertigten Aufnahmebedingungen und Dienstverträge für Organist und Turnermeister zeigen die neue, deutlichere Haltung und geben einen guten Einblick in die Musizierpraxis am Dom.
Die Prüfungsordnung für die Bewerber des nach der Pensionierung Maders 1839 freigewordenen Organistenposten ist folgenden Inhalts: "Zu einem bischöflichen Einzuge ein Praeludium, Tempo maestoso, worauf nach einleitendem halben Tonschlusse die Fuge mit einem einfachen oder doppelten Subjecte nach selbstgewählten, aber nicht gebrochenem Thema und selbstgewählter Tonart zu folgen hat und mittels eines ausgezeichneten Orgelpunktes dem Schlusse zugeführt werden muß." Des weiteren hatte jeder Bewerber über das Kaiserlied, das österliche Alleluja und das Ite, missa est zu fugieren, den Part einer Orgelsolomesse zu spielen und den Volksgesang "zweckmäßig und nach dem Verhältnis der Menge der Gläubigen stärker oder schwächer zu begleiten". (88)
Die zweifellos hohen Anforderungen lassen auf die Qualitäten der Organisten schließen, sicher eine Folge des so verdienstvollen Wirkens J. G. Albrechtsbergers in Niederösterreich.
Wie mächtig mag es geklungen haben, wenn der als Sieger aus diesem Prüfungswettbewerb herausgegangene und mit 12. Jänner 1840 bestellte Sankt Pöltner Musiklehrer Josef Egkhart beim Bischofseinzug "in pleno organo einleitend maestoso präludirt und darauf schön fugirt" hatte. (89)
Erhöhte Anforderungen wurden auch an den neuen Turnermeister Johann Badstieber gestellt. Badstieber, 1815 zu Deutschhaus in Mähren geboren, hatte nach Absolvierung eines zweijährigen Studiums 1840 das städtische Turneramt von Stephan Maierhofer gekauft. Am 24. März 1841 wurde er auch kirchlich bestellte (90). Der Vertrag sieht laut der von Resch verfassten Instruktion vor, dass der Meister an jedem Sonn- und Feiertag die Instrumentalmusik "durch 5 der Musik kundigen, daher tauglichen Individuen" zu besetzen habe. Dieselben haben eine halbe bis eine viertel Stunde vor Aufführungsbeginn am Chor mit "reiner Stimmung" parat zu sein und stehend zu musizieren, Violoncello und Pauken ausgenommen. In der Karwoche waren die jeweiligen Responsorien der Matutin mit Oboe oder Klarinette, Alt-, Tenor- und Bassposaune zu begleiten. Zu den Obliegenheiten des Karsamstages zählte die Instrumentalbegleitung des "Christus factus est" sowohl um 10 Uhr beim Kreuzaltar als auch am Ende der abendlichen "Pumpermette". Beim Hochamt des Gründonnerstag traten zu der schon bekannten Instrumentalbegleitung noch Violoncello und Violon hinzu. Bei der österlichen Auferstehungsfeier waren hinwieder "ein Trompetenchor nebst Horn, Posaune und Pauken nebst Intraden und Außzügen aus D-Dur zu besorgen" sowie die Begleitung der Figuralmusik beim Te Deum, Regina Caeli und Tantum ergo. "Am Ernte und Dankfest abends (sind) figurierte musikalische Litaneien und Te Deum nebst Tantum ergo und Salve Regina mit Intraden zu besorgen." Bei der Fronleichnamsprozession trat der "Chor von Blechinstrumenten und Pauken" in gleicher Art wie bei der Auferstehung in Aktion, "aber in D-Dur". Schließlich erwartete man an höheren Festtagen nach der Messe um 1/2 11 Uhr von der "Höhe des Domturmes beiderseitig solche lntraden und Aufzüge aus einer beliebigen Tonart gemacht. Gut gewählte, einfache Aufzüge sind die besten". (91)
Unter der Regentschaft Paul Reschs erfuhr das Musikarchiv eine bedeutende Erweiterung seines Bestandes. Resch selbst stellte viele von ihm kopierte Kirchenmusikwerke dem Domchor zur Verfügung, kirchenmusikbegeisterte Gönner fanden sich mit namhaften Schenkungen ein: Bischof Frint, Bürgermeister Mayerhofer, Dompropst Eyerl von Eyersberg, Frau von Ritarz, Landesadvokat Marquard, der auch eine aus 1702 stammende Albanus-Geige schenkte, Konsistorialnotar Greth, Apotheker Perthl, Domchoralist Benesch (92). Wie sehr sich diese Ausgaben gelohnt haben, zeigen Aufführungsvermerke und interessante Notizen an den Noteneinbänden. Sie künden von einer bemerkenswerten Musikpflege, die im folgenden näher umrissen werden soll. Tragische Eingriffe in das Notenarchiv zu Beginn des 2. Weltkrieges verhindern einen Vollständigkeitsanspruch nachfolgender Bemerkungen.
Besonderer Pflege erfreuten sich die Messen der Wiener Klassiker:
Joseph Haydn: Große Orgelsolomesse (1766), Mariazeller Messe, Nicolaimesse, Missa S. Bernardi de Offida (Heiligmesse), Missa in tempore belli (Paukenrhesse), Missa in angustiis (Nelsonmesse), Theresienmesse, Harmoniemesse;
W.A. Mozart: Missa solemnis in C (KV 337), Trinitatismesse (KV 167), Missa longa (KV 362), Krönungsmesse (KV 317), Missae breves in F (KV 192), D (KV 194), B (KV 275), C (KV 258), C (KV 259), Requiem (KV 626);
L.v. Beethoven: Messe in C-Dur, 1833 erstmalig erwähnt.
An Sonn- und Feiertagen wurden grundsätzlich nur Orchestermessen zur Aufführung gebracht. An den Festtagen erklangen vornehmlich die Messen Haydns; die Werke Mozarts sowie Haydns Nicolai-Messe, am häufigsten gesungen, standen am Programm der "gewöhnlichen" Sonntage. Mit besonderem Stolz weist Resch auf die Aufführung des Mozart-Requiems hin: "Dieses Requiem wurde seit dem Jahre 1836 unter meiner Leitung auf dem Chor der Domkirche viermal aufgeführt. Paul Resch, Regenschori."
An Komponisten des Spätbarocks beziehungsweise der Vorklassik sind vertreten: G. Bonno (1710 bis 1788), Fr. X. Brixi (1732-1771), A. Caldara (1670 bis 1736), J. E. Eberlin (1702-1762), J. J. Fux (1660 bis 1741), F. L. Gassmann (1729-1774), J. A. Hasse (1699-1783), I. Holzbauer (1711-1783), N. Jomelli (1714-1774), G. Reutterer d. J. (1708-1772), G. Chr. Wagenseil (1715-1777).
Gern gesungen wurden die Werke der heimischen niederösterreichischen Komponisten: J. G. Albrechtsberger (1736-1809, Melk, Maria Taferl), G. Donberger (1709-1768, Herzogenburg), R. Kimerling (1737 -1799, Melk), J. Krottendorfer (1741-1768, Herzogenburg), F. Schneider (1737-1812, Melk), J. Cr. Zechner (1716-1778, Göttweig, Krems). J. A. Scheibl ist mit auffallend wenigen Werken vertreten, sein Nachlass dürfte nicht in St. Pölten verblieben sein.
Von den Zeitgenossen der Klassiker ist besonders Michael Haydn (1737-1806) hervorzuheben, dessen Oeuvre vor allem wegen der das liturgische Verständnis fördernden Propriumsätze (Offertorien und Graduatien) am umfangreichsten ist. Weiters finden wir K. Ditters von Dittersdorf (1739-1799), L. Hoffmann (1730-1793), J. G. Naumann (1741-1801), A. Salieri (1750-1826).
Franz Schubert findet sich mit keiner einzigen Messkomposition, hingegen erfreut sich J. Eybler (1756-1846), wiederum der Proprien halber, größter Beliebtheit.
An weiteren bekannten Meistern seien angeführt: A. Diabelli (1781-1851), M. L. Cherubini (1760-1842), J. B. Gänsbacher (1778-1844), J. N. Hummel (1778-1837), der aus Droß bei Krems gebürtige F. Krenn (1816-1897), K. Kreuzer (1780-1849), der Marbacher J. Preindl (1756-1823,) J. B. Schiedermayer (1779-1840), S. Sechter (1788-1867), Bruckners Lehrer, I. Seyfried (1776-1841), der in Maria Taferl tätige J.Spoth (1774-1851), Abbe M. Stadler (1748-1833), aus Melk gebürtig, J. B. Vanhal (1739-1813), J. Weigel (1766-1846), A. Wranitzky (1761-1820). Dazu kommt eine große Zahl heute unbekannter Kirchenkomponisten.
Abschließend sei auf das kompositorische Werk des Paul Resch verwiesen. Sind auch manche Schöpfungen aus einem praktischen Bedürfnis entstanden, also Gebrauchsmusik im besten Sinn des Wortes, so überschreiten einige großangelegte Kompositionen bei weitem den Rahmen liturgischer Gebrauchsmusik.
Nationalbibliothek Wien, Musiksammlung: (93)
Fastenmesse 1 (1832), Hymnus Jesu redemptor (1846), Messe für den hl. Gründonnerstag, 1. Lamentatio für den Gründonnerstag, 2. Lamentatio (1830), 3. Lamentatio (1827) in B, 3. Lamentatio für den Karsamstag;
Diözesanarchiv St. Pölten: (94)
Offertorien: Ecce nunc benedicite, In te Domine, Jubilate Deo, Asperges in B, A, H, Tantum ergo in D, Alma redemptoris mater, Te Deum in D, Regina caeli, Große Messe in B, Lamentatio III.
Auf den Notendeckeln befinden sich die Namen von Musikern, wahrscheinlich Instrumentalisten, die sich aus den Leuten des Turnermeisters, Mitgliedern der Regimentskapelle sowie Musikliebhabern zusammensetzten:
Aschenbrenner, Bauer, Bartl, Berger, Carrara, Czechitzky, Fohringer, Freysinger, Gartner, Greysinger, Gruber, Hainzl, Hitzger, Hofmann, Hötzl, Klener, Knappek, Kober, Koller, Lechner, Meier, Moritz, Passecker (1842), Plaichinger, Poppenberger, Rockenbauer, Scholler, Schwarz, Schwarzbauer, Stigileithner, Stingl, Wand l (61), Weintritt, Wenusch.
Die Domorgel befand sich, von kleinen Reparaturen in den Jahren 1786, 1804, 1831 und 1845 abgesehen, in gutem Zustand (95). Einige Sorge bereitete allerdings ihre zu tiefe Stimmung, die einem Gutachten des Choralisten Benesch zufolge gegenüber der Wiener Stephansdomorgel um einen Halbton, im Vergleich zur hiesigen Regimentskapelle um einen Viertelton zu tief lag. Benesch und der Turnermeister, dessen Instrumente angeblich darunter litten, schlugen eine Übereinstimmung mit der Regimentskapelle vor. Am Ende stimmte jedoch der seit 1813 in St. Pölten ansässige Orgelbaumeister Joseph Gatto d. J., ein Mitglied der bekannten Kremser Orgelbauerfamilie und mit Resch bisweilen in heftige Auseinandersetzungen verwickelt, nur das Positiv höher" (96). 60 Jahre später wird die tiefe Stimmung der Orgel zugkräftigster Vorwand für den Abbau des technisch noch immer gut funktionierenden Werkes sein.
Am 30. Juni 1849 verlor der St. Pöltner Dom einen seiner besten Kapellmeister (97). Ein am 2. September desselben Jahres aufgenommenes Inventar möge auf dem instrumentalen Sektor das hinsichtlich des Notenarchivs Gesagte bestätigen:
16 Violinen, 3 Violen, 3 Violoncelli, 2 Violen, 2 Oboen (schlecht), 2 Hörner (schlecht), 2 Hörner, 4 Trompeten (Clarini), Alt-, Tenor-, Bassposaune. Ergänzend werden weiters angeführt: 2 Klarinetten, 1 Flöte, 1 Viola, 2 Fagotte, 1 Bassettl, 2 Paar Pauken.
Erwähnenswert sind erstmalige nähere Hinweise auf die Orgeln: "Ein Positiv mit 2 Ziehbälgen, welches an Wochentagen beim Choralamte und Nachmittag zur Vesper gebraucht wird (5 Register). Eine große Orgel mit 2 Claviaturen, 4 Bälgen zum Treten, 12 Registern und einem Zug, durch welchen das Positiv' zum Manual gekuppelt werden kann ... Beide Orgelwerke sind im Jahre 1739 (!) vom Orgelbauer Sonnenholz aus Salzburg (!) verfertigt worden." Doch gerade der letzte Satz, einziger bisher vorhandener schriftlicher Hinweis auf den Erbauer der Domorgel, muß wegen einiger Ungereimtheiten der Jahreszahl und Lokalisierung des Erbauers als nicht zutreffend gewertet werden. Sollte Egedacher als Erbauer des Werkes ausscheiden, dann müsste man schon eher den Orgelbauer Johann des Moyse ins Kalkül ziehen, den Propst Führer 1726 dem Zwettler Abt wärmstens empfiehlt, weil er in den Pfarren und im Kloster "Proben getan" . (98)
3. Ausklang der klassischen Epoche - Johann Radl
Johann Radl wurde am 5. Februar in der dem Stift Lilienfeld inkorporierten Pfarre Radlbrunn im niederösterreichischen Weinviertel geboren. Vom Vater, einem Lehrer, empfing er die erste musikalische Ausbildung und die Neigung zum Lehrerberuf. Zuerst Schulgehilfe in Arbesbach, trat er am 18. Mai 1832 die Nachfolge des verstorbenen St. Pöltner Domchoralisten Matthias Bauer an (99). Nach anfänglichen Schwierigkeiten, Domregenschori Resch wurde angehalten, zur Vermeidung "unliebsamer Störungen" die beiden Choralisten Radl und Wolf in der "Praxis des Choralgesanges" zu unterrichten, dürfte sich Radl gut in sein Metier eingelebt haben. Ehe er den über ein halbes Jahr verwaisten Posten des Domregenschori am 17. Dezember 1849 zugesprochen erhielt, führte er Josefa Lechner, die Tochter seines Choralistenkollegen Georg Lechner, als Gemahlin nach Hause. (100)
Radl wirkt ganz im Sinne seines Vorgängers Resch. Nahtlos gehen die Aufführungsvermerke weiter. Besondere Erwähnung verdient das am 25. April 1852 "für seine Durchlaucht Fürst Schwarzenberg gesungene Mozartrequiem. In Klammer ist die Zensur "sehr gut" beigefügt. Aus demselben Requiem erklang bei der Weihe des neuen Domkreuzes "Rex tremendae maiestatis". Zur Inthronisation des Bischofs Matthäus Joseph Binder gelangte am 12. Februar 1872 Mozarts Krönungsmesse zur Aufführung, am 25. Jubiläumstag des Regierungsantrittes Kaiser Franz Josephs, dem 2. Dezember 1873, die " Nelsonmesse", "mit großem Beifall unter Mitwirkung der Musikkapelle".
Blieben Stil und Quantität der bisherigen Kirchenmusikpflege erhalten, so wurde es doch immer schwerer, die gewohnte Qualität zu halten. Eine ständige Teuerung verschlechterte die Situation beim hauptberuflichen Kirchenmusikpersonal zusehends, wie sich besonders deutlich bei den Choralisten zeigt: Bewarben sich 1834 noch dreizehn Petenten um einen freien Posten, so 1842 nur mehr neun, 1843 fünf, 1849 vier und schließlich 1851, als der Choralist Wilhelm Wolf wieder in den Schuldienst zurückging, ganze drei, nämlich Karl Haas, Wenzl Saitschek und Michael Daurer. Da keiner von ihnen stimmlich zu gefallen wusste, gab schließlich die größere Musikalität Daurers den Ausschlag für ihn. (101)
Auch das Turneramt verlor unter diesen Bedingungen seine Reize. Georg Badstieber verlegte sich immer mehr auf den ihm 1865 zugesprochenen "optischen Warenhandel". (102)
Eine sich allenthalben entfaltende, aus dem Geist der Romantik entsprossene kirchenmusikalische Restaurationsbewegung begann immer mehr in neuen Kategorien zu denken und der bisherigen traditionellen Kirchenmusikpflege äußerst kritisch gegenüberzustehen (103). Dies alles vervielfachte die Sorgen des Regenschori. Umso höher muss man seine Leistungen bewerten.
Mit der Schwächung der hauptamtlichen Basis gewann das Engagement der Musikliebhaber immer mehr an Bedeutung. Von ihrem Einsatz hing es letztlich ab, wie weit der Chorleiter über das Existenzminimum hinausgehen konnte. Dass diese "Dilettanten" nicht nur beim Singen, sondern auch bei der mehr als verdienten "Cäcilienjause" ihren Mann stellten, sei nur am Rand vermerkt. Im Verein mit den "Himmelträgern" wurden bei einem solchen Anlass 18 Portionen Hase mit Knödel, 11'/2 Maß alten Wein, 2 Maß heurigen Wein, 18 Portionen Schinken, Brot, Bier, Emmentaler, 18 Kaffee, 2 Glas Branntwein konsumiert. Eine zerbrochene Flasche ergänzte die Rechnung. (104)
Ein Gutteil des hohen Ansehens Radls und der damit verbundenen Erfolge ging auf das Konto seines kompositorischen Schaffens, durch das er sich ebenfalls als würdiger Nachfolger Paul Reschs auswies: Nationalbibliothek Wien, Musiksammlung:
Vocal-Messe, op. 10, 3 Alma redemptoris mat.er , 4 Tantum ergo (1868), Hymnen: Decora lux, Veni creator, Vexilla regis, Ave maris stella, Ibant magi, Iste confessor, Jesu redemptor omnium, Salutis humanae (1865), Veni Creator (1865), Graduale und Offertorium für die Fastenzeit, Trauergesang, Pange lingua für die Karwoche, 2 Hymnen, Tantum ergo (105). Die große Zahl mehrstimmiger Hymnenkompositionen lässt auf einen Rückgang der Choralpflege schließen, ein Umstand, der die cäcilianischen Reformer besonders auf den Plan rief. Doch Radl ging seinen Weg unbeirrt weiter. Während sich in Bamberg 1868 der Deutsche Cäcilienverein konstituierte und in Österreich die Stimmen nach einer Kirchenmusikreform immer lauter wurden (106); während der vom Restaurationsgedanken begeisterte, hochmusikalische St. Pöltner Bischof Matthäus Josef Binder eine "Aufmunterung zur thunlichsten Hebung der Kirchenmusik" erließ, hielt Radl an der alten Tradition fest, ein Fels in tosender Brandung (107), Erst mit seinem Tod, am 12. Februar 1878, änderte sich die Situation. Dann aber schlagartig, wie die zu Ende gehenden Aufführungsvermerke zeigen. Nun ist auch, mit einiger Verspätung, in St. Pölten der Weg für die "Erneuerung" frei.
4. Cäcilianische Bestrebungen - Michael Daurer
Die kirchenmusikalische Erneuerungsbewegung des 19. Jahrhunderts war ein Teil des großen katholischen Restaurationswerkes zur Überwindung von Rationalismus und Aufklärung, die in Österreich ihren sichtbaren Ausdruck im josephinischen Staatskirchentum gefunden hatten. Den verlorenen kirchlichliturgischen Geist hoffte man auf kirchenmusikalischem Gebiet durch die Rückwendung zum gregorianischen Choral, "dem Gesang der Kirche", sowie zu der auf ihm basierenden klassischen Vokalpolyphonie Palestrinas und seiner Zeitgenossen wiederzufinden. Das Neuschaffen schien umso kirchlicher zu sein, je mehr es auch rein äußerlich diesem klassischen Vorbild entsprach, also ein kirchenmusikalisches Pendant zu Neuromanik und Neugotik. Die sich seit dem Barock immer mehr von der objektiven liturgischen Norm entfernende und die subjektive Begriffsverdeutlichung bevorzugende instrumentalbegleitete Kirchenmusik mit ihrem Höhepunkt zur Zeit der Wiener Klassik wurde entschieden in Frage gestellt. Ihre oft mangelhafte Wiedergabe sowie eine Flut künstlerisch wertloser und obendrein noch unliturgischer Gebrauchsmusik bedeutungsloser Epigonen führte schließlich zur offenen Feindschaft gegenüber allem, was bisher als Ideal österreichischer Kirchenmusik gegolten hatte.
Während die Erneuerungsbewegung in Deutschland stärkere radikale Züge annahm und in dem von Franz X. Witt (1834-1888) gegründeten Allgemeinen deutschen Cäcilienverein (ACV) eine durchschlagskräftige Organisation gefunden hatte, gestaltete sich die Situation in Österreich uneinheitlicher.
Da fanden sich vorerst die bedingungslosen Parteigänger des ACV. Daneben gab es die national gefärbten, vom Gmundner Chorregent Johannes E. Habert (1833-1896) angeführten österreichischen Cäciliarner, die österreichische Eigenart mit den Reformideen verbinden wollten. Ihr kirchenmusikalisches Ideal bestand in einem vokal orientierten, auch das Instrumentarium nicht ausschließenden Zeitstil. Den Wiener Klassikern standen sie fremd, jedoch nicht feindselig gegenüber, verteidigten sie sogar gegen die Angriffe des ACV, mit dem sie im harten Kampf um den Führungsanspruch in Österreich standen.
Ein drittes Lager umfasst schließlich all jene, die sich zwar vom Geist der Erneuerung tragen ließen, jedoch jegliches Vereins- und Kunstdiktat ablehnten. Sie führten schließlich eine echte Erneuerung herbei und halfen den Cäcilianern aus der künstlerischen Krise, in die sie mit ihrem liturgisch einwandfreien, jedoch musikalisch blutleeren Imitationsstil hineingeraten waren. (108)
Diese allgemeine Einführung scheint für das Verständnis der Situation notwendig, in die der neue Domregenschori Michael Daurer hineingestellt war. Michael Daurer, 1823 im niederösterreichischen Etmannsdorf geboren, nimmt derselben Entwicklungsgang wie seine Vorgänger. Zuerst "Unterlehrer in Tulln", kommt er; wie bereits oben erwähnt, 1851 um ein Choralistenamt im St. Pöltner Dom ein. Johann Benesch, Johann Papritz, Ignaz Hofstätter und Moritz Resch werden seine Kollegen. (109)
Mit der am 1. April 1878 erfolgten Bestellung Daurers zum Domregenschori wird die schon längst fällige Trennung des Chorleiteramtes vom Mesnerdienst vollzogen. Die zusätzliche Verwendung Daurers als Kanzlist, "Diurnist", in der bischöflichen Konsistorialkanzlei versprach, weniger Pflichtenkollisionen mit sich zu bringen. Wieweit von diesen der nunmehrige Mesner und gleichzeitige Choralist Moritz Resch verschont blieb, lässt sich nicht feststellen. (110)
Mit dem neuen Regenschori gelangte ein reformbegeisterter Cäcilianer an die Spitze der Dommusik, durch den Besuch mancher cäcilianischer Versammlungen, Produktionen und Choralkurse entsprechend vorbereitet (111). Sein Lager war das des österreichischen Cäcilianismus. So verband ihn mit Habert eine langjährige, treue Freundschaft, Grund genug, um in das Schussfeld der Deutschcäcilianer zu geraten. Daher schwankt das kirchenmusikalische Bild Daurers in der Parteien Gunst und Ungunst, wie aus einigen widersprüchlichen Urteilen der lautstarken, für die Verbreitung der Reformideen hochbedeutenden cäcilianischen Presse hervorgeht. So berichtet Haberts "Zeitschrift für katholische Kirchenmusik":
Am erfreulichsten ist die Situation in St. Pölten, wo "cäcilianische Kompositionen in würdiger Form aufgeführt werden und ein Sängerchor von 32 guten Stimmen besteht". (112)
Anders wissen hingegen Witts "Fliegende Blätter" zu berichten: "Was hilft das schönste Ausschreiben des Bischöflichen Ordinariates St. Pölten, wenn man vorher einen Domkapellmeister wählt, der selbst keinen Begriff vom ächten Kirchenstyl hat, also der Diözese keinen Musterchor heranbilden kann" (113), Erfreuliches und Unerfreuliches bekam Daurer auch aus nächster Nähe zu verspüren. Da gab es zunächst Kontroversen mit dem greisen Domorganisten Egkhart, einem Traditionalisten, die dem Regenschori sogar einen behördlichen Verweis eintrugen. (114)
Der Widerstand der Choralisten hatte hingegen einen sehr realen Sitz im Leben. Die "Reform der Kirchenmusik und des Chorgesanges" verlangte "höhere technische Anforderungen", die in keinem Verhältnis zu den sich verschlechternden Lebensbedingungen standen (115). Erst eine energische Intervention Domdechants Chalupka am Neujahrstag 1879 führte einen Klimawechsel herbei. (116)
Zu den erfreulichsten Tatsachen zählten die gelungenen, von Bischof und Fachleuten gelobten Erstaufführungen cäcilianischer Werke, wie Haberts Thomasmesse, sein Graduale Omnes de Saba sowie Witts Vokalmesse op. 12117. Sehr positiv zu verzeichnen waren auch die kirchenmusikalische Aktivierung der St. Pöltner Theologen sowie der Zöglinge des Lehrerseminars. Um die letzteren nahm sich besonders Prof. Josef Preßl an. Als Lehrerssohn am 29. November zu Ferschnitz in Niederösterreich geboren, wirkte er zunächst in Oberhollabrunn und sodann in St. Pölten (118). Als Organist bei den Franziskanern brachte er dort mit seinen Schülern erstmalig cäcilianische Musik zu Gehör. Das Vorbild dieses profilierten Musikers, "angesehenster" und in den "Kirchentönen wohlbewanderter Organist der Stadt", gereichte der vornehmlich von Lehrern geleiteten Kirchenmusik der Diözese zum Segen (119). Kein Wunder, dass man der Dienste Preßls auch im Dom nicht entbehren wollte und ihn schließlich nach der Pensionierung Egkharts 1791 zum Domorganisten berief. (120)
Das hundertjährige Diözesanjubiläum war Anlass großer Feierlichkeiten, die in drei Pontifikalämtern im Juni 1885 ihren Höhepunkt erreichten. Interessanterweise findet sich in der kirchenmusikalisch sonst so mitteilsamen Lokal- und Fachpresse kein Hinweis auf ein näheres Programm (121). War es vielleicht nicht cäcilianisch?
Ein für die Dommusik bedeutungsvolles Ereignis war die am 22. Juli 1886 erfolgte Gründung des Cäcilienvereines der Diözese St. Pölten, in dessen Vorstand auch Daurer berufen wurde (122). Die Kirchenmusiker der Bischofsstadt übernahmen die Aufgabe, eine für die ganze Diözese beispielhafte cäcilianische Musik zu pflegen: Daurer im Dom, Preßl bei den Franziskanern. Die Theologen, von Domkurat Michael Wandl im Choralgesang, von Daurer, der auch Gesangslehrer im Realgymnasium war, im Figuralgesang unterrichtet, wählten die Herz-Jesu-Kirche zu ihrem Wirkungsort. Auch die Englischen Fräulein wollten bei so viel Eifer nicht zurückstehen. Doch nun wieder zurück zum Dom. Dort wurde der Choralgesang auf Grund der "authentischen Choralbücher" einer gründlichen Reform unterzogen. Die Psalmen bei Terz, Vesper und Begräbnismessen wurden "korrekt" gesungen, ebenso die Responsorien. Die Theologen sangen an Festtagen Introitus, Graduale und Communio choraliter. Die 15 Knaben der von Kurat Wandl geleiteten cäcilianischen Gesangsschule übten sich ebenfalls fleißig im Choralgesang (123).
Die Figuralmusik war ebenfalls ganz auf die cäcilianische Linie eingeschwenkt. Der völlige Bruch mit der Vergangenheit ließ ein neues Chorarchiv entstehen. Dank einer umfangreichen und nicht gerade bescheiden anmutenden Berichterstattung sind wir über diese Periode bestens informiert.
Die so hoch gepriesene klassische Vokalpolyphonie erklang, vermutlich wegen ihres Schwierigkeitsgrades, nur sporadisch. Nur in der Karwoche hatten Motetten und Improperien von G. P. Palestrina, G. B. Nannini und F. Suriano einen festen Platz. Umso stärker war die cäcilianische Vereinsmusik vertreten. Sie umfasste den strengeren Imitationsstil eines M. Haller, F. Koenen, G. Quadflieg, P. Piel, die Werke Haberts und Witts sowie die Vertreter einer den Zeitstil mehr berücksichtigenden Richtung, wie J. G. Mettenleithner, C. Greith, M. Brosig und I. Mitterer. Besonderer Beliebtheit erfreute sich jedoch die von der Erneuerung beeinflusste, das volkstümliche Empfinden stark berücksichtigende Gebrauchsmusik eines J. Zangl, F. Schöpf, F. Santner, R. Führer, J. Schweitzer, J. Reimann und F. Gruber. Aus ihren Reihen kamen nunmehr die Orchestermessen an den größeren Feiertagen, ein schwacher Ersatz für die Klassikermessen (124). Der wenig anspruchsvolle Orchesterpart verschleierte die Misere, in die die Dommusik geraten war, als mit dem Tode Georg Badstiebers am 8. Jänner 1886 das Turnermeisteramt endgültig erloschen war und Verhandlungen mit der städtischen Musikkapelle zu keinem konkreten Ergebnis führten (125). Umso mehr sang man A-cappella-Literatur, vornehmliches Betätigungsfeld des neu gegründeten "Cäcilienvereinschores". Er stützte sich besonders auf "die ehrw. Herrn Theologen und mehrere, die Bestrebungen des Cäcilienvereines, der ganz auf freiwillige, unentgeltliche Mitglieder angewiesen ist, mit anerkennenswertem Eifer fördernde Gesangskräfte der Stadt" und gestaltete in den Jahren 1892/93 am jeweils letzten Monatssonntag sowie am Gründonnerstag die Liturgie in der Kathedrale. Über sein Verhältnis zum Domchor finden sich keine Hinweise. Am 17. März 1894 nahm der Tod dem von Krankheit und Anstrengungen gleichermaßen gezeichneten Michael Daurer den Taktstock aus der Hand.
5. Krise der Dommusik - Karl Gruber
Die Nachfolge Michael Daurers trat am 1. April 1894 Karl Gruber an. Er kam aus Böhmen und wurde am 10. Jänner 1851 in Hohenfiurth geboren. In St. Pölten wirkte er zuerst bei den Franziskanern als Organist (1872), später, 1878, als Chorleiter. Im Verein mit Josef Preßl musizierte er dort im Sinne der Erneuerungsbewegung. 1885 wechselte er in die Domkirche als Choralist, nachdem er zuvor schon den Posten eines Diurnisten in der Bischöflichen Ordinariatskanzlei erlangt hatte. (126)
Karl Gruber war wohl der am wenigsten vom Glück begünstigte Domchorleiter. Zwei Ereignisse überschatteten vor allem das Wirken des pflichteifrigen, rechtschaffenen Mannes: die Krise des Cäcilianismus und der 1. Weltkrieg mit seinen schrecklichen Folgen. Dabei zeigt sich der Anfang sehr verheißungsvoll. Die noch gut funktionierende cäcilianische Vereinsmaschinerie schien der Dommusik klare Wege vorzuzeichnen. So erfuhren auch Aufführungsstil und Domchorprogramme keine Veränderungen, sieht man von den Neukompositionen eines J. Gruber, M. Filke und P. Griesbacher ab.
Der durch die Firma Rieger, Jägerndorf, im Jahre 1903 um den Preis von 18.300 Gulden durchgeführte Neubau der Domorgel, für den Prof. Preßl hauptverantwortlich zeichnete, sollte der Dommusik weitere neue Impulse verleihen. Noch ahnte man nicht, we1chen Fehler man mit dem Abbau des noch immer gut funktionierenden historischen Werkes begangen hatte und welche Hypothek man mit der von Anfang an schlecht funktionierenden, dreimanualig-42registrigen, pneumatischen, "größten Orgel der Diözese" kommenden Generationen aufgehalst hatte. (127)
Im cäcilianischen Vereinsleben kehrte nach dem Tod der alten Kämpen Witt und Habert eine friedlichere Haltung ein. 1905 schloss sich der St. Pöltner Diözesanverein dem ACV an, zwei von Dr. F. X. Haberl, dem prominenten Leiter der Regensburger Kirchenmusikschule, 1903 und 1906 in St. Pölten geleitete kirchenmusikalische Schulungskurse wurden zu einem Ereignis von überdiözesaner Bedeutung (128).
Dessen ungeachtet machte sich eine gewisse Müdigkeit und Resignation bemerkbar und ließ sich auch durch die kirchenmusikalische Gesetzgebung Papst Pius X. in den Jahren 1903/04 nicht aufhalten. Leidenschaftlicher Anfangseifer und organisatorische Spitzenleistungen konnten eben nur eine Zeitlang über künstlerische Unzulänglichkeiten und innere Leere hinwegtäuschen. Deutsche Gründlichkeit; wollte in Österreich ebenso wenig heimisch werden wie eine auf Breitenwirkung hinzielende Choralpflege. Die Ernüchterung war unausbleiblich. "Wir stehen auf einem ziemlich niederen, noch besser gesprochen seichten Stufe der Kirchenmusik", stand im Cäcilienvereinsprotokoll des Jahres 1908 zu lesen (129). Der so eifrige Cäcilienvereinschor gab keine Lebenszeichen mehr von sich. Es ist anzunehmen, dass sich der verbliebene Rest an Frauen und Männern ebenso im Domchor sammelte wie die Schar der von Gruber eigens unterrichteten Knaben und Mädchen. Still wurde es auch um die Kirchenmusik der Theologen. Einzig die Lehrerseminaristen, nunmehr von Professor Anton Schwalb geleitet, zeigten ihren gewohnten Eiferl30.
Mit der Feier seines 25jährigen Bestandes trat der Cäcilienverein der Diözese am 23. November 1911 ein letztes Mal in Erscheinung. Die einstigen Gründungsmitglieder waren mit Ausnahme des Bischofs Johannes Rößler (1894-1927) nicht mehr am Leben. Mit ihrem Leiter Vinzenz Goller und dem Festredner Dr. Andreas Weißenböck war hingegen eine neue Institution würdig vertreten: die Kirchenmusikabteilung an der Wiener Staatsakademie für Musik (131). Wer konnte damals ahnen, dass gerade Goller und Weißenböck die Zukunft der Dommusik so bedeutend beeinflussen sollten?
Die Gegenwart sah indessen noch trübe aus, wie sich vor allem in der weiter verschlechternden Situation der Choralisten zeigte. Die Gehälter waren seit 1869 nicht mehr geregelt worden, Ansuchen um Gehaltserhöhungen blieben liegen oder wurden mit einmaligen Zuwendungen höchst ungenügend beantwortet. Dementsprechend wurden die Vertreter der letzten "Choralistengeneration", die Herren Georg Nowotny, Ignaz Berger, Rudolf Mikschowsky sowie Gruber und Preßl, ihres Amtes immer mehr überdrüssig. (132)
Am 2. Juli 1909 erlitt die Dommusik mit dem Ableben ihres Organisten Josef Preßl einen schweren Verlust (133). Die Familie Preßl sorgte jedoch für einen würdigen Nachfolger: Josef Preßl jun., am 23. November 1874 in Hollabrunn geboren, Sängerknabe zu Göttweig, Substitut seines Vaters bei den Franziskanern und im Dom, Chorregent in Langenlois und Krems. Mit dem staatlichen Zeugnis für das Lehramt für Musik und der Zusatzprüfung für Klavier und Orgel versehen, brachte er die denkbar günstigsten Voraussetzungen für das ihm am 11. August 1910 definitiv verliehene neue Amt mit, für das eine fast hundertjährige Dienstinstruktion unverändert verbindlich war: tägliche Segenmesse (6 Uhr), Choralamt (8 Uhr), Vesper (15 bzw. 16 Uhr), sonntägliches Hochamt mit anschließendem Predigtlied, Segenmesse (10.30 Uhr), Vesper (14 Uhr) und Segen (16 Uhr). (134)
In den ersten Weltkriegsjahren musste das Sängerknabeninstitut wegen Verpflegungsschwierigkeiten aufgelassen werden. Gruber behalf sich mit Knaben aus der Stadt und bat, mit den freiwerdenden Geldmitteln zusätzliche "Frauenstimmen" bezahlen zu dürfen (135). Wiederholte Klagen des Dompfarrers und späteren Bischofs Michael Memelauer (1927-1961) über wiederholte Disziplinlosigkeiten der Choralisten bereiteten dem kränklichen Regenschori zusätzliche Sorgen. (136)
Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges schien auch das Ende der Dommusik gekommen zu sein. Vorerst quittierten die Choralisten ihren Dienst, am 20. Mai 1922 meldete sich Domorganist Preß1 krank und schied bald darauf aus dem Dienstverhältnis. Nun verließ auch den bis zuletzt diensteifrigen Chorleiter die Kraft (137). In einem Gesuch vom 3. Jänner 1924 bat er mit Rücksicht auf das hohe Alter und den angegriffenen Gesundheitszustand um Enthebung. Am 1. April 1924, dem 30. Jahrestag seines Dienstantrittes, ging Karl Gruber in Pension.
6. Aufstieg zu neuen Höhepunkten: Prof. Johann Pretzenberger, DDr. Stephan Matzinger, Dr. Alois Just, Prof. Walter Hofmann
Dass dem bedauernswerten Zustand der Dommusik ein baldiges Ende bereitet werden musste, war allen Verantwortlichen klar. Eine Eingabe des Dompfarrers Memelauer sollte die Entscheidung der kirchlichen Behörde beschleunigen. Sie enthielt bereits alle Elemente der kommenden Lösung: Bestellung eines Diözesanpriesters mit der Doppelfunktion Regenschori-Domorganist. Als Regenschori sorgt er für die Einstudierung der erforderlichen Kirchenmusik und sucht sich einen geeigneten Dirigenten für die Aufführung, bei der er hinwieder als Domorganist zu fungieren hat. Der aus ehrenamtlichen Mitgliedern bestehende Domchor erhält seine finanzielle Unterstützung durch kirchliche Zuwendungen (Religionsfonds), Mitgliedsbeiträge aus einem zu gründenden Dommusikverein sowie aus Konzerterträgnissen (138) Diese eigenartige, höchst problematische Lösung des Chorleiter- bzw. Organistenproblems ist nur aus der damaligen Situation heraus zu verstehen. Für zwei hauptamtliche Kirchenmusiker wollte das Geld nicht reichen, ein Organist war im Augenblick schwerer zu bekommen als ein Dirigent. Ein durch Jahre vorexerzierter kirchenmusikalischer Minimalismus stand bei dieser Erwägung gewiss Pate.
So kam es in der Folge zu der in Österreich einmaligen Situation, dass der Regenschori und spätere Domkapellmeister den Domchor nach außen hin repräsentierte und geschäftsführend leitete, bei den eigentlichen kirchenmusikalischen Diensten jedoch als Domorganist fungierte. Hier traten wiederum Dirigenten ans Pult, die ihren Dienst nebenamtlich versahen oder den Titel bzw. die Teilverpflichtung eines Domorganisten innehatten.
Dass die Dommusik bei dieser kurios-unglücklichen Konstellation trotzdem einen ungeahnten Aufschwung nehmen konnte, verdankt sie dem unwahrscheinlichen Glück, Persönlichkeiten erhalten zu haben, die aus der Unzulänglichkeit ein Optimum an Möglichkeiten herausholen konnten und miteinander gut harmonierten.
So trugen auch die kirchenmusikalischen Errungenschaften der beiden folgenden Jahrzehnte im Dom und in der Diözese mehr den Stempel einiger weniger Persönlichkeiten als die Merkmale einer planvoll von Amts wegen geleiteten Entwicklung.
Dass bei einer so verschwommenen Dienstabgrenzung persönliche Probleme unausbleiblich waren, sei ebenso wenig verschwiegen wie die Tatsache, dass der restlose kirchenmusikalische Einsatz einiger (zu) weniger viele der auch hiefür Verantwortlichen zu der unverständlichen Annahme bewog, unbeteiligt abseits stehen zu dürfen.
Zu den verschiedenen Organisten, die nach dem Ausscheiden Josef Preßls im Dom aushalfen, zählten der Theologe Johann Pretzenberger und der l5jährige Walter Hofmann. Beide sollten im Verein mit DDr. Stephan Matzinger un.d Dr. Alois Just den entscheidenden Neuaufbau der Dommusik bewirken und sie zu bedeutsamen Höhepunkten führen. Mit der Skizzierung des Wirkens dieser Persönlichkeiten soll die Dommusik dieser Phase umrissen werden. Johann Pretzenberger wurde am 18. November 1897 im niederösterreichischen Purgstall an der Erlauf geboren. Die Eltern ermöglichten dem Dreizehnjährigen unter großen Opfern den Eintritt in das Bischöfliche Knabenseminar Seitenstetten und das Studium am dortigen Stiftsgymnasium. In Seitenstetten wurde man auf die musikalische Begabung Pretzenbergers aufmerksam. Infolge geringer musikalischer Bildungsmöglichkeiten war der kunstbegeisterte Student, bald Seminarorganist und Mitglied des Schulorchesters, vielfach auf das Selbststudium angewiesen. 1916 ereilte den Sextaner der Einberufungsbefehl. Glücklicherweise eröffneten sich beim Militär günstige musikalische Möglichkeiten: das Organistenamt an Garnisonskirchen und die Mitwirkung bei der Militärmusik. 1918 kehrte Pretzenberger in die Heimat zurück, legte die Kriegsmatura ab und trat ins St. Pöltner Priesterseminar ein. Schon im ersten Studienjahr wurde er Musikpräfekt und wirkte bald im Dom als Aushilfsorganist. Nach der Priesterweihe kam er als Kaplan nach Ulmerfeld und Großhollenstein. Kraft seiner musikalischen Fähigkeiten wurde er auserwählt, die Reorganisation des darniederliegenden Kirchenmusikwesens im Dom in die Hand zu nehmen. Mit 1. Jänner 1924 hatte der als Ordinariatsaktuar und Domorganist bestellte in St. Pölten nach dem Rechten zu sehen. Nach der am 1. April desselben Jahres erfolgten Pension Karl Grubers mit der schon erwähnten Doppelfunktion Regenschori-Domorganist betraut, behielt er auch seine Ordinariatsfunktion noch weitere 23 Jahre.
Im Verein mit dem Bischöflichen Sekretär DDr. Stephan Matzinger, der den Dirigentenposten übernahm, begann er nun den Aufbau des Domchores. Die durch eine eigenartige Konstruktion anfänglich erzwungene Fesselung an die Domorgel wich bald einer großen, freiwilligen Liebe. Zeit seines Wirkens kam der Domkapellmeister von seiner Orgel, deren Um- und Ausbau sein Werk war, nicht mehr los.
Um den erhöhten Anforderungen genügen zu können, inskribierte Pretzenberger 1924 an der Kirchenmusikabteilung der Wiener Akademie, die nach dem Ersten Weltkrieg zu einem Zentrum wurde, das "die Kirchenmusik eines ganzen Landes umzuwandeln und darüber noch über die Grenzen hinaus andere fernerliegende Kirchenmusikkulturen zu beeinflussen imstande war" (139). Allen Schwierigkeiten und Studienunterbrechungen zum Trotz konnte 1930 die Staatsprüfung für Orgel und Klavier abgelegt werden.
Von den akademischen Lehrern wurde der schon erwähnte Vinzenz Goller von schicksalhafter Bedeutung. Er begeisterte seinen Schüler für die von Pius Parsch inaugurierte volksliturgische Bewegung, der von nun an das Lebenswerk des Priesters und Kirchenmusikers Pretzenberger, dem im Priesterdichter K. B. Frank ein idealer Gefährte zur Seite stand, gehörte. Hier die wichtigsten Momente in der volksliturgischen Aufbauarbeit Pretzenbergers, an der sich auch der Domchor in immer steigendem Maße beteiligte: die erste liturgische Karfreitagsfeier 1927, die Advent- und Fastenandachten, die Gemeinschaftsmessen, die Mitarbeit am Diözesangesangsbuch mit DDr. Stephan Matzinger (1930, Neuauflage 1939), die Neuherausgabe desselben als "Volk vor Gott" (1968), das "Vesperbuch", das "Deutsche Requiem", die "Gesänge zur Firmung", die "Feier der Karwoche und Osternacht", die "Deutsche Weihnachtsmesse", die "Gesänge zum Deutschen Hochamt", die "Johannesmesse", die "Hippolytmesse", viele Propriumsparaphrasen und Falsibordonisätze sowie eine Menge weiterer deutscher und lateinischer Kirchenmusikwerke.
Wenn die St. Pöltner Diözese in volksliturgischen Belangen immer als vorbildlich galt, wenn die liturgische Bewegung in den Kriegsjahren des Zweiten Weltkrieges geradezu zum Symbol eines neuen religiösen Aufbruches wurde, wenn schließlich die durch das Zweite Vatikanische Konzil erneuerte Liturgie in ruhiger Bereitwilligkeit eingeführt werden konnte, trägt Domkapellmeister Pretzenberger großen Anteil daran. Dass der Domchor, durch die offizielle Liturgie an der Kathedrale voll in Anspruch genommen, sich auch in den Dienst der damals noch zusätzlichen volksliturgischen Feiern stellte, gereicht ihm zur Ehre. Über den Anteil Pretzenbergers an der feierlichen lateinischen Liturgie der Bischofskirche wird in einem anderen Zusammenhang gesprochen. War er, wenngleich meist Organist, ja doch als Domkapellmeister für alles mitverantwortlich und an allem mitbeteiligt. Auch die von ihm im Alleingang und unter großen persönlichen Opfern gegründete Kirchenmusikschule der Diözese sei in diesem Zusammenhang erwähnt. Sie sollte eine Segensquelle für die Kirchenmusik der ganzen Diözese werden. Als Lehrer wie als Orgelimprovisator verstand er es vorzüglich, die hohe Kunst vielen verständlich zu machen und sie hiefür zu begeistern.
Eine große Sorgfalt widmete der Domkapellmeister der kirchenmusikalischen Ausbildung des Klerus. Der 1951 erfolgten Ernennung zum Dozenten für Kirchenmusik an der Theologischen Hochschule St. Pölten gingen ein langjähriges privates Dozieren und die erfolgreiche Reaktivierung der Theologen als "Choralisten" voraus. Die durch den Zweiten Weltkrieg gewaltsam unterbrochene Choralpflege erreichte nachher unter den Choralmagistern DDr. Josef Wodka und Dr. Walter Graf und dem erfolgreichen Wirken tüchtiger Musikpräfekten des Priesterseminars einen sowohl quantitativen wie auch qualitativen Höhepunkt.
Von den vielen übrigen kirchenmusikalischen Ämtern Pretzenbergers seien ergänzend angeführt: Vorsitzender der Diözesankommission für Kirchenmusik und Referent für Orgel- und Glockenfragen. Verständlicherweise fand ein so mannigfaches Wirken die entsprechende Würdigung: 1935 erfolgte die Ernennung zum bischöflichen Konsistorialrat, 1942 zum päpstlichen Geheimkämmerer, 1961 zum päpstlichen Hausprälaten. Der Bundespräsident verlieh 1951 den Professorentitel, 1951 kam die Bestellung zum Mitglied der Gesellschaft der Denkmäler der Tonkunst in Österreich.
Die anstrengende Arbeit - über den eifrigen Seelsorger Pretzenberger wäre noch zu berichten - forderte freilich auch ihren gesundheitlichen Tribut. 1960 musste Prälat Pretzenberger einen Teil seiner Verpflichtungen in jüngere Hände legen, 1967 ging er in den Ruhestand. (140)
Stephan Matzinger erblickte am 22. Dezember 1885 in Altdietmanns im niederösterreichischen Waldviertel das Licht der Welt. Im bischöflichen Knabenseminar und im Stiftsgymnasium Seitenstetten erhielt auch er seine erste musikalische Schulung als Sänger und Instrumentalist. Nach einjährigem Studium an der bischöflichen Hauslehranstalt in St. Pölten kam er nach Rom ans Collegium Germanicum und promovierte an der päpstlichen Universität Gregoriana zum Doktor der Philosophie und Theologie. Im Collegium Germanicum leitete der junge Theologe den Figuralgesang der aus allen deutschsprachigen Diözesen kommenden Studentenschar. 1913 als Priester in die Heimat zurückgekehrt, war DDr. Matzinger nach kurzer Kaplanszeit in Raabs und Gars Vizerektor am bischöflichen Knabenseminar Melk. 1920 kam er nach St. Pölten als Sekretär des Bischofs Rößler. Am 1. April 1924 erklärte er sich nach "mancherlei Aufregungen und Verdrießlichkeit" bereit, auch die Leitung des Domchores zu übernehmen. Im Verein mit Pretzenberger begann der energische Chorleiter ein Aufbauwerk "in aller Bescheidenheit, aber mit viel Eifer" (141). Zweimal wöchentlich fand die Probe statt, und bald war "ein Stock von sehr guten Sängern" beisammen: mit den Solisten Balbine Kratzl (Sopran), Anna Balt (Alt), Franz Bandion und Josef Schiel (Tenor) und Franz Jungwirth (Bass). Das ganze Jahr hindurch fand man sich an Sonn- und Feiertagen sowie bei außerordentlichen liturgischen Anlässen am Domchor zum feierlichen Gotteslob ein. Setzte man anfänglich die bisherige Tradition mit Gruber, Griesbacher, Brosig, Filke, Pembauer u. a. fort, so fand man doch bald nicht mehr damit das Auslangen. Faist, Rheinberger, Koch, Kromolicki, Goller und Springer kamen hinzu.
Liszts Missa choralis wurde zum Lieblingswerk des Dirigenten. Immer stärker machte sich in der Folge bei der Programmwahl der richtunggebende Einfluss der Wiener Kirchenmusikabteilung der Akademie bemerkbar. Neben der Einstudierung zeitgenössischer Schöpfungen kam nun auch wieder das Kirchenmusikwerk der Wiener Klassik zu Ehren. Mit der Aufführung von Mozarts Missa brevis in D (KV 194) lebte eine alte, fast ein halbes Jahrhundert unterbrochene Tradition wieder auf und wurde mit Begeisterung fortgeführt. Den Orchesterpart übernahmen Musikliebhaber aus der Stadt. Sie bildeten das "Domorchester", ein fortan zuverlässiger und für die weitere Entfaltung der Dommusik hochbedeutender Faktor.
Als wichtigste Ereignisse seiner Ära bezeichnet der heute noch unwahrscheinlich vitale Dompropst folgendes:
a) Die Einführung des traditionellen gregorianischen Chorals am 21. Februar 1926, "allen Widerständen zum Trotz". Es überrascht, mit welcher Hartnäckigkeit sich der durch die pianischen Verordnungen erledigte cäcilianische Reformchoral zu halten suchte. Introitus und Communio werden nunmehr im "neuen Choral" gesungen, die übrigen Teile des Proprium missae mehrstimmig.
b) Anlässlich des 30jährigen Bischofsjubiläums Doktor Johannes Rößlers am 5. Oktober 1924 erreichte der Domchor mit 70 Mitwirkenden seinen bisherigen numerischen Höchststand. Pressestimmen fanden die Aufführung von Faists 9. Messe "grandios".
c) Das beim Begräbnis des Bischofs Rößler am 8. Jänner 1927 gesungene Requiem in D von Max Filke wurde a1s die bisher beste Leistung des durch 30 Mitglieder des Männergesangsvereines verstärkten Domchores bezeichnet.
d) Zur feierlichen Inthronisation Bischof Michael Memelauers erklang Beethovens Messe in C. Diesmal wurden über 100 Mitwirkende gezählt.
e) Am 7. April 1928 wurde zur Auferstehung eine "aus Rom her bekannte Tradition" nach St. Pölten mit dauerndem Erfolg verpflanzt: Das Halleluja aus G. F. Händels Messias.
f) Die Schubertzentenarfeier des Jahres 1928 wurde auch in St. Pölten festlich begangen. Mit der am 18. Dezember aufgeführten, tief beeindruckenden Messe in Es bekam Schubert seinen längst verdienten festen Platz im Dommusikprogramm.
g) Aus Anlass des 150-jährigen Diözesanjubiläums am 30. Juni 1935 übertrug der Österreichische Rundfunk zum ersten Mal einen Gottesdienst aus dem Dom. Der Chor sang J. Rheinbergers Messe in C.
h) Die interessanteste Aufführung war die durchkomponierte Messe Puer natus von Max Springer am 16. Februar 1936, die schwierigste hingegen P. Griesbachers Virgo-potens-Messe, die sechsmal zu hören war. "Aber wir haben sie gemeistert."
Mit der f-Moll-Messe von J. Rheinberger beendete DDr. Matzinger, zum Theologieprofessor und ins Domkapitel berufen, am 29. März 1936 seine Dirigententätigkeit.
Nach dem Abgang Dr. Matzingers übernahm Johann Pretzenberger, zum Domkapellmeister ernannt, die Leitung des Domchores.
An der Domorgel waltete nun der St. Pöltner Walter Hofmann seines Amtes. Das Instrument hatte bisher nur wenig Freude gebracht. Schon das Kollaudierungsprotokoll vom 14. November 1903 war in auffallend sachlichen Worten abgefasst. Drei Monate später wurde die Orgelbaufirma zum ersten Mal aufgefordert, eine Reihe von Fehlern abzustellen. Auch der im Februar 1904 erfolgte Einbau eines Orgelmotors führte keine Änderung herbei, im Gegenteil: ein Gutachten Prof. Preßls vom 21. Juli 1904 über den schlechten Zustand des Werkes ließ an Tragik nichts zu wünschen übrig: In bitteren Worten führt Preßl Klage, dass ihm "solches" in seiner langen Praxis, er hatte "bei mehr als 60 Orgeln interveniert", noch nie untergekommen sei: "Dem nicht genug, dass die Orgel kaum 2½ Monate nach der Übergabe zur Hälfte, wenigstens in den Hauptstimmen, nicht gebraucht werden konnte, zeigt sich jetzt, dass von 42 klingenden Stimmen, die Rohrwerke miteinbegriffen, 36 Stimmen mehr oder weniger große Defekte aufweisen." Eine "gründliche Remedur" sei vonnöten (142). Einer gewissen Komik hingegen entbehrten nicht das Feilschen mit dem Religionsfonds um die Bezahlung des voreilig bestellten Orgelmotors und die hiebei ins Treffen geführten Argumente: Der allzu hohe Winddruck (120 mm) erfordere 3 Kalkanten, von denen jedoch nur einer, der Hausmeister Armer, zur Verfügung stehe. Dieser habe sich zuletzt in treuer Diensterfüllung überanstrengt und sich eine Lungenentzündung geholt. (143)
Ein am 20. März 1912 mit der Orgelbaufirma abgeschlossener Wartungs- und Stimmvertrag konnte schließlich das Ärgste hintanhalten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verschlechterte sich die Situation von neuem. Mit einer Haussammlung und Kirchenkonzerten im Dom hoffte man, die nötigen Geldmittel für eine Überholung des Werkes aufzubringen. Der Musikverein und der Männergesangsverein St. Pölten stellten sich dankenswerterweise in den Dienst der guten Sache.
Gastorganist der unter Christian Artl und Josef Etrich stattfindenden Männergesangsvereinskonzerte am 25. November 1923, 3. April 1924 und 15. April 1926 war der Wiener Hoforganist Luis Dite, Star des Musikvereinskonzertes vom 1. Oktober 1925 der bekannte Salzburger Domorganist Franz Sauer (144). Nachdem auch noch das Bundesministerium für Unterricht einen Zuschuss gewährt hatte, konnte 1929 Orgelbaumeister Huber aus Ottensheim die störendsten Fehler beseitigen (145). Von dem 1938 erfolgten Umbau der Orgel erhoffte man sich eine eindeutige Wendung zum Besseren. Das Werk wurde durch die Firma Gebrüder Mauracher, Linz, elektrifiziert und auf 62 Register erweitert, der Preis des Werkes betrug 35.030 Reichsmark. Ein im Presbyterium des Domes aufgestellter zweiter Spieltisch sollte die liturgische Verwendbarkeit des Instrumentes erhöhen. (146)
Das schicksalsschwere Jahr 1938 und der Zweite Weltkrieg stellten die St. Pöltner Dommusik auf eine harte Probe. Die Schar der Aufrechten hielt sich jedoch, allen Anfechtungen zum Trotz. Für den zum Wehrdienst einberufenen Domorganisten Hofmann ging Domkapellmeister Pretzenberger wieder auf die Orgelbank. Die Leitung des Chores übernahm der mit 1. Juni 1941 zum Dirigenten des Domchores und Domorganisten bestellte Dr. Alois Just.
Alois Just, am 6. August 1902 in Großgerungs, Niederösterreich, geboren, erhielt seinen ersten Unterricht in Harmonielehre und Kontrapunkt beim Salzburger Domkapellmeister Joseph Meßner. Nach Ablegung der Staatsprüfung für Musikerziehung an der Akademie für Musik in Wien promovierte der junge Professor an der Universität nach Vorlage einer choralwissenschaftlichen Dissertation zum doctor philosophiae. Seit frühester Jugend der Kirchenmusik zugewandt, nahm er das unter so schweren Bedingungen erhaltene Dirigentenamt in Sankt Pölten freudig in Angriff. Gemeinsam mit Johann Pretzenberger und den bekenntnismutigen Chor- und Orchestermitgliedern gelang das Unwahrscheinliche: In einer Zeit des Verfalls wirkte der Domchor als einzige musikalische Institution der Stadt bis zum Kriegsende, die Tage der schweren Bombardierungen mit eingeschlossen. "Natürlich musste man sich in dieser Zeit bei der Wahl der Messkompositionen den jeweiligen Gegebenheiten anpassen, es standen ja bewährte, im liturgischen Geist geschriebene Messen zur Verfügung. Wenngleich die Reihen der Herren infolge der Einberufungen zum Militärdienst einigermaßen gelichtet waren, konnten dennoch auch Werke der Klassik und Romantik eine würdige Wiedergabe erhalten". (147)
Nach Beendigung des Krieges fasste Dr. Just im Herbst 1945 den Entschluss zu einer "durchgreifenden Erneuerung der Kirchenmusik". Im Verein mit Pretzenberger stellte er ein Aufführungsprogramm für jeweils zwei Monate zusammen, "in der Überzeugung, dass die Gläubigen nur durch überdurchschnittliche Darbietungen in besonderer Weise angesprochen und in ihrer Glaubenshaltung gefördert werden können". Es folgte ein Jahr voll dichtester Kirchenmusikpflege, in dem der Großteil des heute vorhandenen Kirchenmusikwerkes Mozarts, Haydns, Schuberts sowie Beethovens Messe in C gesungen bzw. erstaufgeführt wurde. Der immer zahlreicher werdende Hochamtsbesuch bestätigte die Richtigkeit des Vorhabens. So konnte Dr. Alois Just am 31. August 1946 dem aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Walter Hofmann einen wohlgeschulten Chor, ein diszipliniertes Orchester und mit Olga Hofmann (Sopran), Minna Österreicher (Alt), Dr. Karl Schmidt (Tenor) und Hans Balt (Bass) ein überdurchschnittliches Solistenquartett übergeben.
Prof. Walter Hofmann, der nunmehrige Dirigent, wurde am 24. September 1907 in St. Pölten geboren. Ein musikbegeisterter Vater hielt den Knaben schon frühzeitig zum Klavier- und Violinspiel an und ließ ihn bald an seiner Seite im Streicherensemble des Franziskanerchores mitmusizieren. 1922 finden wir den Gymnasiasten bereits als Aushilfsorganisten an der bischöflichen Kathedrale. Kein Geringerer als der spätere Bischof Memelauer prüfte den begabten Jungen. Es folgten Jahre des Zusammenwirkens mit dem neuernannten Domregenschori Pretzenberger, eine Zusammenarbeit, die in späteren Zeiten für die Musica sacra der Domkirche so bedeutungsvoll werden sollte. 1927 ging Hofmann an die Wiener Staatsakademie, wo Franz Schmidt (Theorie) und Franz Schütz (Orgel) seine Lehrer waren. 1929 wechselte er auf die Kirchenmusikabteilung der Akademie über. Hiefür war die Berufung Prof. Kar1 Walters zum Orgellehrer maßgeblich. Daneben formten Josef Lechthaler, Vinzenz Goller, Max Springer und andere den jungen Kirchenmusiker, der sich 1930 der Staatsprüfung für Klavier und Orgel, 1932 der Reifeprüfung an der Abteilung für Kirchenmusik unterzog. Am 1. April 1936 erfolgte die Berufung zum Domorganisten. In dieser Zeit begann der Aufstieg zum international anerkannten Orgelvirtuosen, hochgeschätzten Improvisator und vielgesuchten Pianisten, durch den Krieg leider unterbrochen. Glücklich aus der Gefangenschaft heimgekehrt, setzte Walter Hofmann als neuer Chorleiter das Werk seines Vorgängers Dr. Just würdig fort. Der Domchor erarbeitete sich nun sein größtes Repertoire und machte sich durch Radioübertragungen und Aufführungen außerhalb der Kathedrale einen guten Namen. An Festtagen erklangen ausnahmslos, an Sonntagen bisweilen die klassischen Orchestermessen. Die Orgelmessen aus der nachcäcilianischen und neueren Zeit sowie die in Fasten- und Adventszeit gesungenen klassischen A-cappella-Messen ergänzten das Programm. Während die Theologen vom Proprium Introitus und Communio im gregorianischen Choral sangen, gestaltete der Domchor Graduale und Offertorium, meist aus den Sammelwerken von Leitner, Mitterer und Goller. Ein alphabetisches Namensverzeichnis aller in der Periode Hofmann am Domchor gesungener Komponisten möge einen kleinen Einblick in ein großes Wirken geben: Aiblinger, Albrechtsberger, Bernardi, Beethoven; Bruckner, Bischoff, Casali, Diabelli, Erb, Eybler, Faist, Filke, Führer, Fux, Goller, Griesbacher, Gruber, Händel, Haller, Hassler, J. und M. Haydn, Jaeggi, Jochum, Kagerer, Koch, Kristinus, Kromolicki, Kronsteiner, Krieg, Lechthaler, Leitner, Liszt, Meßner, Mittmann, Mitterer, Mozart, Neuhofer, Palestrina, Pembaur, Preyer, Refice, Rheinberger, Fr. und F. Schubert, Singenberger, Skraup, Stehle, Tittel, Weirich, Wöß, Ziegelmeier.
Höhepunkt liturgischer Musik war wohl die Aufführung von Anton Bruckners d-Moll-Messe am 30. Mai 1958.
Nachhaltigen Eindruck hinterließen ferner die im Dom veranstalteten Kirchenkonzerte mit der Aufführung folgender Werke: J. Haydn, Die 7 Worte des Erlösers am Kreuz (4. April 1947), G. F. Händel, Messias (7. November 1948, 15. November 1959), J. S. Bach, Johannespassion (1950), W. A. Mozart, Requiem (22. April 1956).
Im Rahmen der Domrestaurierung des Jahres 1949 vergrößerte die Firma Mauracher die Domorgel auf nunmehr 72 Register. Die Kosten des Umbaus betrugen 266.475 Schilling. Die Orgelweihestunden, bisher nur sporadisch veranstaltet, wurden nun mehr zur stehenden Einrichtung. Walter Hofmann bestritt den Löwenanteil und überzeugte vor allem als Interpret der Orgelwerke von J. S. Bach und Max Reger. Doch nicht nur als Dirigent und Organist, sondern auch als geschätzter Orgellehrer, Mitglied der Kommission für Kirchenmusik und Orgelreferent der Diözese leistete Hofmann Bedeutendes für die Kirchenmusik.
Als langjähriger Dirigent des St. Pöltner Musikvereines, Musikerzieher am Stiftsgymnasium Seitenstetten und am Realgymnasium der Englischen Fräulein in St. Pölten, als Referent für das nö. Musikschulwesen stellte er seine vielseitige und unverwüstliche Schaffenskraft unter Beweis. Sichtbare Würdigung all dessen war die 1951 erfolgte Verleihung des Professorentitels durch den Bundespräsidenten.
Mit dem ersten Fastensonntag 1961, dem 10. Februar, legte Prof. Hofmann das Dirigentenamt in die Hände seines Schülers Walter Graf und kehrte zur Orgel zurück (148). Mit 31. Juli 1973 begab er sich in den Ruhestand, aber nicht zur Ruhe. Möge er der Dommuik und der neuen Domorgel weiter erhalten bleiben.
7. Überblick über den gegenwärtigen Stand der Dommusik - Dr. Walter Graf
Walter Graf wurde am 21. September 1931 in Türnitz als Sohn des Lehrers Franz Graf und der Hildegard, geb. Grumbeck, geboren. Nach Absolvierung der Volksschule geht er ans Gymnasium St. Pölten, wo er 1949 maturiert. 1942 erstmals Aushilfsorganist seiner Mutter, besucht er ab 1946 die Orgelkurse der Kirchenmusikschule St. Pölten und legt die abschließende Prüfung ab. 1949 tritt er ins St. Pöltner Priesterseminar ein und studiert in dieser Zeit bei Prof. Hofmann Orgel. 1953-1955 Musikpräfekt der Theologen, empfängt er nach Abschluss seiner Studien an der Theologischen Hochschule St. Pölten durch Bischof Memelauer 1954 die Priesterweihe. Von 1954 bis 1957 ist er im Seelsorgedienst als Kaplan von Gföhl, Thaya, Studienpräfekt am Knabenseminar Seitenstetten und als Kaplan zu Tulln. 1956 Inskription an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wi.en , Abteilung Kirchenmusik. Seine Lehrer sind unter anderen die Professoren Dr. Gillesberger, Heiller, Dr. Kosch, Mertin, Pach, Dr. Romanowsky, Seidelhofer Suchanek, Tittel, Walter, Weißensteiner. 1958 erfolgt die Inskription an der philosophischen Fakultät der Universität Wien, 1960 die Ablegung der Reifeprüfung an der Akademie. Am 1. August 1960 wird Graf in St. Pölten als Domkurat mit besonderer kirchenmusikalischer Verwendung bestellt. 1961 übernimmt er die Leitung des Domchores und wird nach sechsjähriger Tätigkeit 1967 offiziell zum Domkapellmeister ernannt. 1965 erfolgte nach Abschluss der musikwissenschaftlichen Studien bei Prof. Erich Schenk die Promotion zum Dr. phil. Weitere Verpflichtungen Grafs sind: Dozent für Kirchenmusik an der Theologischen Hochschule St. Pölten, Lehrbeauftragter für Kirchenmusik an der theologischen Fakultät der Universität Wien, Leiter der Kirchenmusikschule der Diözese, Hauptreferent für Orgelfragen, Vorsitzender der Diözesankommission für Kirchenmusik sowie Religionslehrer an der Bundeshandelsakademie St. Pölten.
Als wichtigste Aufgaben schienen dem neuen Dirigenten die Fortführung der bestehenden Tradition unter Berücksichtigung neuer Gegebenheiten, eine verstärkte Nachwuchspflege sowie die Lösung des immer akuter werdenden Orgelproblems zu sein.
Die Fortführung der so bewährten Tradition wurde dem Dirigenten durch seine frühere Bindung an den Domchor und seine Leiter erleichtert. Ein nachfolgendes Verzeichnis von Aufführungen und Repertoire des Chores möchten darüber nähere Aufschlüsse geben.
Zu den besonders zu berücksichtigenden neuen Begebenheiten ist in erster Linie die durch das Zweite Vatikanische Konzil erfolgte Erneuerung der Liturgie zu zählen, die auch dem Domchor besondere Aufgaben stellte: Weiterpflege des reichhaltigen "Schatzes überlieferter Kirchenmusik" sowie Berücksichtigung der zu liturgischen Ehren gelangten Muttersprache (149). Dass letzteres vom Domchor problemlos bewältigt werden konnte, war Frucht seiner volksliturgischen Vergangenheit. So wird mit Freuden auch der große Schatz deutscher katholischer und evangelischer Kirchenmusik zu heben versucht.
Zunehmende Motorisierung und ein gesteigertes Erholungsbedürfnis des geplagten Menschen unserer Tage stellen den Chor vor nicht geringe Probleme. Mit der Reduzierung der Chorverpflichtungen auf jeden zweiten Sonntag sucht man ihnen zu begegnen. Die steigende Mobilität führte dem Chor jedoch auch Mitglieder aus der Umgebung, wie Eichgraben, Hafnerbach, Melk, Neidling, Neulengbach, Oberwölbling, Totzenbach, Traismauer, Wilhelmsburg, zu. Auch der ständig zunehmenden Abwanderung von Chormitgliedern vom Stadtkern in die Außenbezirke konnte damit begegnet werden.
Zur Intensivierung der Nachwuchspflege wurde 1961 das Jugendensemble des Domchores gegründet. Es wuchs aus kleinen Anfängen zu einem beachtlichen, das Musikleben der Stadt bereichernden Klangkörper. Während sich das alljährlich stattfindende Weihnachtsliedersingen großer Beliebtheit erfreut, brachten die Konzerte "Neue geistliche Musik und Negro Spirituals" dem Chor auch in vielen größeren Orten Niederösterreichs einen guten Ruf ein. Gestaltungen von Jugendgottesdiensten im Dom und anderen Kirchen sowie große Konzerte mit dem Domchor gehören zu den weiteren Aktivposten des Ensembles. Seine Sänger kommen aus den verschiedensten Berufen, vor allem aber aus Studentenkreisen. Der Wechsel ist daher verständlicherweise groß. Findet auch nur ein wenn auch beachtlicher Teil der Sänger endgültig zum Domchor, so macht schon das Bewusstsein, junge Menschen für ernstes Arbeiten und höhere Werte begeistert zu haben, das Wirken lohnend. Zudem bleibt eine Anzahl von Mitgliedern, besonders als Lehrer und Priester, auch andernorts dem Chor treu.
Ein Schülerchor der Dompfarre, vom ehemaligen Domkuraten Permoser 1965 gegründet, rundet das Bild einer umfangreichen Nachwuchspflege ab. Die Hauptaufgabe dieses Chores besteht in der feierlichen Gestaltung der sonntägigen Familienmesse im Dom, die als bestbesuchter und liturgisch lebendiger Gottesdienst für viele Pfarren der Diözese beispielgebend geworden ist.
Abschließende Erwähnung verdient auch der "Kammerchor des Domchores", der sich aus Mitgliedern des Domchores, des Jugendensembles und anderer Chöre zusammensetzt und die Pflege hochwertiger A-cappella-Musik zum Ziel hat.
Zum dritten galt es, sich mit dem immer akuter werdenden Orgelproblem zu befassen, geschah doch die letzte Erweiterung der Domorgel in einer Periode des Orgelbaues, in der er sich am weitesten vom Kunsthandwerk entfernt und dem fabrikmäßigen, mit mangelhaftem Nachkriegsmaterial ausgerüsteten Maschinenbau genähert hatte. Bald zeigten sich Fehler in der elektropneumatischen Traktur und verhinderten eine präzise Ansprache der Töne. So kam es, dass eine mühsam aufgebaute, erfolgversprechende Orgelkonzerttradition zu Beginn der sechziger Jahre nach letzten Darbietungen von Walter Graf, Wilfried Grasemann, Dr. Hans Haselböck und Prof. Walter Hofmann wieder aufgegeben werden musste.
Zwei Katastrophen beschleunigten den weiteren Verfall des Werkes: Ein im Zuge der Löscharbeiten beim Domturmbrand am 6. Dezember 1962 erfolgter Wassereinbruch beschädigte die Windladen des Pedals. Schließlich stürzte in der Nacht zum 1. April 1964 ein Engel von der Bekrönung des Orgelgehäuses auf den Chor. Wenn auch die vollständige Zerstörung des Spieltisches einen großen Schaden verursachte, musste man dennoch froh sein, einer weit größeren Katastrophe, etwa beim vortägigen österlichen Hochamt, entgangen zu sein.
Der schlechte Zustand der Orgel und die Tatsache, dass ein unvermeidlicher Neubau nach anderen Gesichtspunkten zu erfolgen hätte, ließen vom Ankauf eines neuen elektrischen Spieltisches absehen. Man setzte daher den alten Spieltisch vom Presbyterium auf die Empore und machte ihn recht und schlecht einsatzfähig.
Der nun in beschleunigtem Maße voranschreitende Verfall, durch ständiges Herumbasteln von Orgelbauern und Organisten zwar gebremst, doch nicht verhindert, ließ die Orgel auch im liturgischen Bereich immer ungeeigneter werden. In dieser Situation gab Diözesanbischof Dr. Franz Zak den Auftrag zur Erneuerung des Werkes und erfüllte damit die mit der Planung Befassten, besonders Doktor Walter Graf, Prof. Walter Hofmann und Dr. Gerhard Winner, zugleich mit Freude und Bangen. Letzteres vor allem wegen der sich aus der eigenartig räumlichen Situierung des barocken Gehäuses ergebenden technischen und künstlerischen Probleme.
Es war daher oberstes Gebot, eine künstlerisch hochqualifizierte, in der Wiederherstellung historischer Orgelwerke erfahrene Firma zu finden. Diese glaubt man nach sorgfältiger Überlegung und Konsultierung namhafter österreichischer Orgelfachleute, wie Doktor Hans Haselböck und Ing. Egon Kraus, in der Schweizer Firma Metzler - Söhne gefunden zu haben, ein Unternehmen, das sich seit langem und unbeeinträchtigt durch Kriegsnot mit der Restaurierung bedeutsamer Instrumente sowie mit dem Neubau von Sehleifladenorgeln nach barockem Vorbild beschäftigt hatte. Diesem Prinzip hatte auch die neue Domorgel in einer Größenordnung von 3 Manualen, Pedal und 36 Registern zu entsprechen. Saubere technische Arbeit und ein Maximum an Klangschönheit sollten die gegenüber dem alten Werk stattgefundene beträchtliche Reduzierung der Register mehr als wettmachen.
Dass die Wahl einer, wenn auch weltbekannten, ausländischen Firma vereinzelt Kritik eingetragen hat und weiterhin eintragen wird, sei ebenfalls hier angeführt.
Große Sorgen bereitete die Finanzierung des großen Vorhabens. Dankenswerterweise erklärte sich der Herr Landeshauptmann von Niederösterreich, Ökonomierat Andreas Maurer, bereit, im Verein mit dem Herrn Diözesanbischof Dr. Franz Zak den Vorsitz eines am 11. November 1961 gegründeten "Kuratoriums für die Erneuerung der Domorgel St. Pölten" zu übernehmen, in dem sich des weiteren, wie unten angeführt wird, namhafte Vertreter öffentlicher und privater Körperschaften um die materielle Sicherstellung des Vorhabens bemüht waren.
In Anbetracht der Bedeutung der neuen Orgel für die Kirchenmusik an der bischöflichen Kathedrale und ersten Pfarrkirche der Diözese, im Hinblick auf die Aufgabe des Domes als kirchenmusikalisches Zentrum der Diözese (so besuchten zum Beispiel über 2000 Menschen die Orgelkurse) sowie in Berücksichtigung des kulturellen Auftrages St. Pöltens als Herzstück Niederösterreichs wagte man, an das Gewissen und Herz aller zu appellieren. Und nicht vergebens: neben einem bedeutsamen Beitrag der Diözese halfen hochherzige Spenden des Landes Niederösterreich, des Bundesdenkmalamtes, der Stadt und des Bezirkes St. Pölten, bedeutender Körperschaften und Vereine, der Pfarren und Kirchenmusiker der Diözese sowie vieler Einzelpersonen zur Vollendung des Werkes.
Ihnen allen möge als schönster Dank beschieden sein: eine prächtig klingende Domorgel und eine gute Dommusik, die würdig an ihre oft so bedeutsame Vergangenheit anknüpft, zur Ehre Gottes und unser aller Freude.
Anmerkungen
1 Allgemeine Literatur: G. Adler, Handbuch der Musikgeschichte, 2 Bde, Berlin 1930; K. G. Fellerer, Geschichte d. kath. Kirchenmusik, Düsseldorf 1949, Kassel 1972, Bd. 1 ; K. Gutkas, Geschichte des Landes Niederösterreich, St. Pölten 1973; A. Hermann, Geschichte der I. f. Stadt St. Pölten, 2 Bde, St. Pölten 1917-1926; A. Kerschbaumer, Geschichte des Bistums St. Pölten, 2 Bde, Wien 1875; Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), Kassel 1949 ff.; Riemann-Gurlitt, Musiklexikon, 12. Aufl., 1949; M. Riesenhuber, Die kirchlichen Kunstdenkmäler des Bistums St. Pölten, Linz 1923; E. Schenk, 950 Jahre Musik in Österreich, Wien 1946; E. Tittel, Österr. Kirchenmusik, Wien 1961 ; O. Ursprung, Katholische Kirchenmusik, Potsdam o. J.; P. Wagner, Einführung in die greg. Melodien, 19111921; A. Weißenbäck, Sacra Musica, Klosterneuburg 1937; G. Winner, Das Diözesanarchiv St. Pölten, Sankt Pölten 1962; J. Wodka, Kirche in Österreich, Wien 1959; ders.: Das Bistum St. Pölten, Abriß der Diözesangeschichte, St. Pölten 1950.
2 Diözesanarchiv St. Pölten (DASP), Dompfarre, Karton 6 (Dompf. 6), 1774.
3 S MGG, Art. Augustiner.
4 A. Keller, Musikgeschichte des Stiftes Kremsmünster, Kassel 1956, S. 15 f.
5 J. Wodka, Von der Klosterschule zum Bundesgymnasium, in: Festschrift Gymn. St. Pölten, St. Pölten 1963, S. 13 ff.
6 Müllner-Maderna, Historia Canoniae Sand-Hippolytanae, Wien 1779, Bd. i1/35.
7 J. Fahrngruber, Aus Alt-St. Pölten, St. Pölten 1885, S. 65; Kerschbaumer, I, S. 185; vgl. J. Wodka, Das Bistum St. Pölten, S. 63.
8 J. Wodka, Personalgeschichtl. Studien über das ehem. Chorherrenstift St. P., Jahrbuch f. Landesk. 1939-1943, S. 148-206.
9 DÄSP, HS R 1367.
10 E. Tittel, S. 30 ff.; DASP, HS1; 13; 52
11 DASP, HS 52, S. 79, 95-99; vgl. E. Tittel, S. 45 f., die Karfreitagsliturgie bringt gegenüber der römischen Übung sehr wohl Neues!
12 W. Lipphardt, Studien zur Musikpflege i. d. ma. Augustiner-Chorherren-Stiften des deutschen Sprachgebietes, in: Jahrb. d. Stiftes Klosterneuburg, 7, Wien 1971, S. 7-102.
13 DASP, HS 13, S. 38 ff. 14 Lipphardt, S. 33-102.
15 J. Gabler, Geistliche Volkslieder, Regensburg 1890, S. I I 1 ff.
16 Vgl. MGG Art. Kirchenlied; Keller, S. 74. 17 A. Kerschbaumer I, S. 245 ff.
18 E. Tittel, S. 92.
19 K. Hübner, Aus Alt-St. Pölten, in: St. Pöltner Anzeiger 1943, 68/70; Nö. Landesarchiv, Klosterrat, Karton 305 = Xerokopien DASP, K 4, fol 1005.
20 Siehe unter 19.
21 DASP, I-tHSTA Böhm 177 = weiß 95, S. 68, 229, 4253. 22 Vgl. H. J. Moser, Paul Hofhaimer, Stuttgart-Berlin 1929, S. 87; O. Biba, Alt-St. Pöltner Orgelbauer, in: Die Domorgel, 3, 1973; H. Haselböck, Barocker Orgelschatz in NÖ., Wien 1972, S. 9.
23 Müllner-Maderna II, S. 347.
24 J. Karas, Der Dom zu St. Pölten, 1935, S. 15. 25 H. Haselböck, S. 10, 11, 44, 64.
26 J. Wodka, Kirche in Österreich, 250 f.
27 Vgl. G. Winner, Führer durch das kirchl. St. Pölten. 28 Müllner-Maderna II, S. 398.
29 M. Riesenhuber, S. 279.
30 Müllner-Maderna 11, S. 427.
31 Vgl. E. Schenk, Instrumentale Kirchenmusik, in: Bericht 2. Intern. Kongr. f. Kath. Kirchenmusik, Wien 1955, S. 174 ff.
32 Totenroteln: Aufzeichnungen der Toten von Konventen untereinander in Gebetsverbrüderung stehender Klöster, die von einem zum andern zwecks Bekanntgabe der Verstorbenen zum fürbittenden Gebet und ständiger Ergänzung der Liste weitergesandt werden.
33 DASP, St. Pölten-Stift, Totenrotulae B I.
34 DASP, St. Pölten-Stift, Totenrotulae II 1695, 1715 - 1793.
35 Vgl. O. Biba, Die Domorgel 3.
36 Vgl. F. W. Riedel, Der "Reichsstil" in der deutschen Musikgeschichte des 18. Jh., in: Bericht Bntern. Musikwissenschafti. Kongr., Kassel 1962, S. 34-36; ders., Abt Berthold von Melk und der kaiserl. Hofkapellmeister J. J. Fux, in: Unsere Heimat, Wien, 36, 1965, S. 58 ff.; eiers., Artikel über Stiftsmusik in Göttweig und Herzogenburg, in: Singende Kirche, Wien 13, 1966; ders., Der Musikdirektor J. G. Zechner, in: Beiträge zur Geschichte der Musikpflege ab der Stadtpfarrkirche St. Veit zu Krems, 950 JahrePfarre Krems,Krems 1964, S. 300 ff.; W. Graf, J. A. Scheibl und die Sankt Pöitner Stiftsmusik, in: Unsere Heimat 39, 1968, 4/6, S. 94-100.
37 A. Karas, S. 18.
38 Vgl. R. Büttner, Die St.Pöltner Höfe in der Wiener Altstadt in der Neuzeit, in: Wiener Geschichtsblätter 16, 1961, 3.
39 Müllner-Maderna 1i, S. 471.
40 Pfarrarchiv Spital/P., Taufb. Il/7.
41 Pfarrarchiv Enns, Trauungsb.iII1108 ; Taufb.III/356 , %376, /398, /433.
42 Lt. frdl. Mitteilung der Abtei St. Lambrecht; vgl. W. Suppan, Steirisches Musiklexikon, Graz, S. 202; von P. Valentin Scheibl sind bisher nur wenige Kompositionen bekannt: StiftLambrecht (2), Diözesanarchiv Graz (2), Stift Seitenstetten (1); bei den nur mit Scheibl signierten und immer J. A. Scheibl zugeschriebenen Kompositionen wird die Verfasserschaft noch zu klären sein.
43 Lt. frdl. Mitteilung von P. Dr. Benedikt Wagner OSB, Seitenstetten; StiftsarchivSeitenstetten, Küchenbuch 18 Z 10/11 ; Camerey Handrapular tom 1749.
44 DASP, Dompf. Trauungsb. II/609.
45 DASP, Taufb. III/816.
46 DASP, St. Pölten-Stift, Totenrotulae B II.
47 DASP, Dompf. Trauungsb. II/571.
48 DASP, Dompf. 6.
49 DASP, Dompf. Trauungsb. il/571.
50 M. Riesenhuber, S. 575;DASP, Dompf. Trauungsb. III/373; Piaristenarchiv Krems, Historia brevis domus P. P. Schol. ad S. Hippol.
51 Diözesanarchiv Graz, Titelblatt einer Partitur.
52 Provinzarchiv der Piaristen,Wien, Liber officiorum, 1695 ff., S. 187; Liber suffragiorum, 1778 ff., Nr. 627; Profeßzettel v. 3. 11. 1766;G. Winner, Studienzur Geschichte der Piaristen in Österr. von den Anfängen bis an den Beg[nn des 19. Jh., Wiener phil. Diss. 1952, S. 274; Piaristenarchiv Krems,BenefactoresPatrum P. S. Hippolitens.a. m. nov 1753; Historiabrevis, siehe unter 50.
53 DASP, Dompf. Taufb. I11/816; Sterbeb. III/133; Trauungsb. 1 I i/394.
54 A. Keller, Musikgeschichte des Stiftes Kremsmünster, S. 362 ff.
55 Musikarchiv Seitenstetten, unsigniert.
56 Ein Teil der Bestände des Domchorarchivs St. Pölten gelangte zu Beginn des 2. Weltkrieges unter höchst merkwürdigen Umständenüber Umwegeindie Nationalbibliothek, Musiksammlung, Wien: SM 22.240 -22.778, 22.282; 22.585-22.589.
57 H 785-794.
58 Vgl. Singende Kirche, Wien, 11, 1964, S. 110, vermut- lich aus dem aufgeho,benen Stift Rottenmann.
59 Lt. frdl. Mitteilung von Dr. F. W. Riedel aller im RISM Kassel vorhandenen Titel, betreffend die Archive Stift - Herzogenburg, musikw. Institut Graz, Stift Wilhering, Stift Seckau, Brno Morawske Museum.
60 A XIV, A XVI, E VI, VII, XIV, XVIIle, XXI,F X2qu, XX, V 628, 1095, 1250, 1511-17, A 52, personalia.
61 So VIII 28, VI d11, VII c4.
62 N r. 877-890.
63 A. Keller, S. 380.
64 DASP, Neuhofen.
65 A 1821-23, 1825/26, 2251-57, 2262, 12.979-82, 14.817.
66 Vgl. S. Höfler-I. Clemencic, Glasbeni Rokopisi in Tiski na Slovenskem do leta 18ß0, Ljubljana 1967.
67 Siehe unter 31.
68 DASP, Dompf. S,terbeb. 111/133.
69 DASP, Totenrotulae, B II.
70 DASP, Dompf. 6.
71 O. Biba, Die Domorgel 3.
72 Vgl. G. Winner, DieKlosteraufhebungenin Niecier- österreich und Wien,Forschungen zurKirchen- geschichte Österreichs 3 Wien 1967, S. 196 ff.
73 DASP, Dompf. 6;nach einer späterenMitteilung (ebenda, 9. 12. 1827) handelte es sich bei den Violi- , nen um 1 "Steiner-Violin",1 "Stadelmann-Violin" 2 "Leidolfer-Violin" und 4 "Gichtel-Violin".
74 Die folgenden, die Dommusik betreffenden Ausführungen sind, soweit sie nicht ausdrücklich zitiert sind, dem DASP entnommen, Dompfarre 6: Mesner, Regenschori (Dommusikverein), Organist, Choralisten, Sängerknaben, Kirchendiener, Turnermeister, Turmwächter; DASP, Ordinariatsakte (OA) 1808/766.
75 DASP, Dompf. 6, ~7. 8. 1787.
76 DASP, Dompf. 6, 27. 8. 1787, OA 1811/1287/2567.
77 Vgl. DASP, OA 187817067.
78 K. Hübner, Aus Alt-St. Pölten.
79 DASP, Kerens.
80 Vgl. A. Jungwirth, Beziehungen Schuberts zu Sankt Pölten, St. Pölten 1912; K. Hübner.
81 J. Fahrngruber, Aus Alt-St.Pölten, S. 372; DASP, Dompf. Inventar, 1833.
82 DASP, Dompf. 6, 28. 4. 1798.
83 DASP, Dompf. 6, 12. 9. 1839.
84 DASP, OA 1831/1687/2261.
85 Pfarrarchiv Etsdorf/Engabrunn, Taufb. (I/2.
86 DASP, Dompf. 6, 16. 1. 1810.
87 DASP, Dompf. 6, 8. 7. 1831; OA 1831/2788.
88 DASP, Dompf. 6, . 11. 1839.
89 DASP, Dompf. 6, 12. 1. 1840.
90 DASP, OA 1841/14.741.
91 DASP, Dompf. 6, 12. 4. 1881.
92 DASP, Dompf. Inventar 1833-1836.
93 SM 22.307, 22.555, 22.666, 22.739-742.
94 DASP, Musikarchiv 8, 9.
95 Vgl. J. Fahrngruber, S. 237.
96 DASP, Dompf. 6, 31. 1. 1842, 19. 7. 1845; OA 1842/ 1629; O. Biba, Domorgel 3.
97 DASP, OA 1849/3362, 3749, 3928.
98 DASP, Dompf. 6, 2. 9. 49; vgl. H. Göhler, Ein Orgel- bauer im Dienste des Propstes J. M. Führer und des Klosters Zwettl, in: Unsere Heimat 1940, S. 239-242.
99 DASP, OA 1842/1635.
100 DASP, OA 1849/3749.
101 DASP, Dompf. 6, siehe Prüfungstabellen vom 1. 2. 51 u. 8. 4. 51.
102 Vgl. Hübner, Aus Alt-St. Pölten.
103 Vgl. W. Graf, Joseph Gabler und die kirchenmusikalische Erneuerung in Österreich. Mit Beiträgen zum geistlichen Volkslied der Diözese St. Pölten, Wiener phil. Diss: 1965, S. 41-129.
104 DASP, Dompf. 6, 22. 11. 1877.
105 MS 22.305/06, 22.545/51,22.678/79, 22.706, 22.730, 22.731 /35, 22.737/38.
106 Vgl. W. Graf, S. 103-114.
107 Vgl. Der Kirchenchor, Gaschurn, 24, 1893, S. 66 f.
108 Vergleiche 106; Die folgenden, den Cäcilianismus betreffenden Mitteilungen sind, soweit sie nicht ausdrücklich zitiert sind, folgenden Zeitschriften entnommen: Fliegende Blätter, Regensburg (FIBI), Gregorianische Rundschau, Graz(GRS), Harmonia sacra, Krems (HS), Musica sacra, Regensburg (MS), Sankt Pöltner Bote, ab 1888 St. Pöltner Zeitung (SPZ, Zeitschrift für kath. Kirchenmusik, Gmunden ZfkKm).
109 DASP, Dompf. 6, 31. 12. 69, 11. 1. 1870.
110 DASP, OA 1878/1868.
111 Oberösterreichisches Landesarchiv, Habert-Daurer, 4. 12. 1879, 30. 7. 1881.
112 FfkKm 12, 1878, S. 94.
113 FIBI 1883, 8, S. 83; vgl. MS 1885, 1, 13 f.; 2, 28. 114 DASP OA 1883/5644; 1884/3663.
115 Vgl. DASP, Dompf. 6, 1901.
116 Oö. Landesarchiv, Habert-Gabler, 6. 2. 1879.
117 Oö. Landesarchiv, Habert-Daurer, 2. 12. 1878; 12. 2., 4. 3. 1880.
118 Pfarrarchiv Ferschnitz, Taufb. VII/72. 119 HS, 1888, 10/11, S. 85 ff.
120 DASP, OA 1890/4329; 1891/2711, 3942. 121 J. Fahrngruber, S. 399.
122 SPZ 5. 6. 1886.
123 HS 1888, 3, 65-70; 1889, 4, 84 ff.
124 Dr. G. Winner, dem St. Pöltner Diözesanarchivar, sei für alle freundschaftliche Hilfe, insbesondere für die Zusammenstellung der cäcilianischen Programme aus der SPZ, herzlichst gedankt.
125 DASP, OA 1886/785.
126 DASP, OA 1894/2144, 4580.
127 DASP, Dompf. 8, Domorgel, 14. 11. 03.
128 M S 1893, 10, 114 ff ; G RS 1906, 10, 157 ; M S 1906, 9, 103.
129 DASP, Cäcilienverein.
130 S P Z 5. 12. 01, 17. 12. 03, 3. 5. 06, 9. 1. 08. 131 SPZ 30. 11. 1911.
132 DASP, Dompf. 6, 1901. 133 DASP, Dornpf. 6, Parte.
134 DASP, OA 1909/5855; 1910/8666. 135 DASP, OA 1916/2324.
136 DASP, Dompf. 6, 1. 6. 1917, 18. 3. 1919.
137 DASP, Dompf. 6, 3. 7., 30. 6., 8. 7. 1922; 1. 1. 23. 138 DASP, Dompf. 6, Manuskript.
139 E. Tittel, S. 330.
140 Vgl. W. Graf, Die St. Pöltner Dommusik und ihre Vorgeschichte; Musica sacra in der Diözese St. Pölten, in: Singende Kirche 13, 1966, 4, S. 184-192; ders., Prälat Pretzenberger 70 Jahre, in: Singende Kirche, 15, 1967, S. 72.
141 Lt. frdl. Mitteilungen und Aufzeichnungen von DDr. Matzinger.
142 DASP, Dompf. 8, 21. 7. 1904.
143 DASP, Dompf. 8, 19. u. 29. 9. 1904. 144 DASP, Dompf. 8, Konzertprogramme. 145 DASP, Dompf. 8iZl. 3862 v. 21. 6. 1929. 146 DASP, Dompf. 8, 4. 6. 1938.
147 Vgl. Singende Kirche 15, 1967, S. 73; Lt. frdl. Mitteilung von OStR Dr. Just.
148 Vgl. W. Graf, Prof. Walter Hofmann 60 Jahre, in: Singende Kirche 15, 1967, S. 73; Aufführungsverzeichnisse des Domchores St. Pölten 1941-1961; Lt. frdl. Mitteilungen von Prof. W. Hofmann.
149 Vgl. Liturgiekonst. VI, 112 ff.